Weihnachtlicher Leckerli-Dispenser
Montag, 18. November 2019 | Text: Reinhard Lüke
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Seit ein paar Tagen werde ich bei der Arbeit wieder nett angelächelt. Jeden Tag. Sogar am Wochenende.Von wildfremden Menschen. Und manche winken mir auch noch freundlich zu und nicken dabei. Aber letztlich bin ich mit diesen netten Sympathiebekundungen gar nicht gemeint. Die stünden eigentlich meinem Nachbarn aus dem Haus Nummer 3 zu, aber der wohnt unterm Dach und bekommt von all den Zuwendungen überhaupt nichts mit. Der nette Mann kümmert sich das ganze Jahr aufopferungsvoll um zwei Quadratmeter Boden, die zwar direkt neben meinem Haus liegen, aber öffentliches Brachland sind. Der Nachbar pflanzt dort Blumen und Sträucher, zupft Unkraut und bewässert das Areal im Sommer. Das mache ihm einfach Spaß, hat er mir mal bei einem Schwatz vor der Tür erklärt. Und vor ein paar Tagen hat er wieder die Zweige eines Busches, der direkt vor meinem Fenster steht, mit Goldfolie und Sternchen drapiert. Macht der Pflanze nix.
Man lächelt mir zu
Hat sie all die letzten Jahre in der Vorweihnachtszeit jedenfalls problemlos überlebt. Sieht allerliebst aus. Finden jedenfalls all die Passanten, die erst irritiert innehalten, dann näher treten, den geschmückten Strauch betätscheln, ein Foto davon machen und dann zu mit hinter der Scheibe aufschauen, wo ich am Schreibtisch meinem Tagwerk nachgehe. Und dann lächeln sie mir zu. In früheren Jahren hab´ ich noch immer mit den Armen gerudert und den Kopf geschüttelt, um zu signalisieren, dass ich mit dem Zauber gar nichts zu tun habe. Inzwischen lass´ ich das. Ich winke einfach freundlich zurück. Es gibt Schlimmeres, als am Arbeitsplatz ständig angelächelt zu werden. Auch wenn ich gar nicht gemeint bin. Ich nehme diese Sympathiebekundungen einfach mal als Ersatz für all die anstehenden, tollen Weihnachtsfeiern, zu denen unsereins als Freiberufler ja nie geladen wird.
Weihnachten für Hund & Katze
Ja, so langsam weihnachtet es auch in der Südstadt. In so ziemlich allen Supermärkten ist zu den seit Monaten ausliegenden Printen und Stollen inzwischen auch der passende Dekoplunder zum Fest eingetroffen. Zudem werden die Werbebroschüren, die einem täglich ins Haus flattern, merklich dicker. Ich lese die. Soviel Respekt gehört sich. Damit haben sich schließlich viele Menschen echt Arbeit gemacht. So auch mit dem aktuellen Tchibo-Katalog „Advent 2019“. Titel: „Urgemütlich FÜR ALLE!“. Die Schreibweise erschließt sich mir jetzt nicht wirklich, aber einen Untertitel hat das 170 seiten starke Werk auch noch: „KUSCHELIGE GESCHENKE FÜR GROSS & KLEIN“. Da ist unter all den Angeboten vom Hausanzug bis zum blinkenden Rentier jetzt nichts dabei, was bei mir einen spontanen Kaufwunsch auslösen würde.
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Meine Südstadtpartner
LutherkircheInteressant wird es eigentlich erst ab Seite 160 mit der Rubrik „Tierisch schöne Weihnachten! Hund & Katze“. Da findet sich beispielsweise für Bello ein „Hundespielzeug Weihnachtsbaum“ zu 7,99 Euro. Aus „robustem, langlebigem Material“ und „mit Quietschfunktion“. Mögen Hunde, dass es quietscht, wenn sie irgendwo reinbeißen? Gibt´s auch Futter mit Quietschfunktion? Ich habe ja nur einen Stubentiger. Aber auch für den hat Tchibo was zum Fest. Eine knuffige „Katzen-Spielmaus, ferngesteuert“. Ohne Quietschfunktion. Kostet immerhin 17,99 Euro.
Mäuse mit Quiekfunktion
Braucht meine Mieze aber nicht wirklich. Bislang findet sie als Freigängerin noch genug Mäuse in freier Wildbahn. Mit Quiekfunktion. Aber auf Seite 163 findet sich dann doch noch eine echtes Highlight für unter den Weihnachtsbaum. Ein „Haustier-Snackdispenser“ für schlappe 8,99 Euro. Das Gerät sieht irgendwie aus wie ein Fön, kann aber schießen. Man befüllt das Teil mit Trockenfutter für Hund oder Katze und kann dann bequem vom Sessel aus per Kopfdruck die Leckerli einzeln durch die Bude schießen. Laut Prospekt bis zu vier Meter weit. Dolle Sache. Leckerli-Weitwurf ist jetzt nicht unbedingt meine Spezialdisziplin, aber ich behaupte mal, vier Meter schaffe ich per Hand auch so locker. Aber meine Katze würde mich bei dieser Aktion vermutlich nur mal wieder fragend anschauen und die nächste Stufe schleichender Demenz diagnostizieren. Doch vielleicht finden sich für den Leckerli-Dispenser unterm Weihnachtsbaum noch andere Verwendungsmöglichkeiten. Das Ding lässt sich doch gewiss auch mit Smarties oder Ähnlichem befüllen und so könnte man der während der Feiertage noch trägeren Kinderschar zu ein wenig Bewegung verhelfen.
Foodsharing mit HARIBO
Wo ich einmal bei den Leckerli bin. Letzte Woche hab´ ich mit eine Tüte Salz-Lakritze von unserer Bonner Gummibärchen-Dynastie gekauft. Als ich den Inhalt schon zur Hälfte verputzt hatte. fiel mir ein Schriftzug am oberen Rand des Beutels in handelsüblicher Größe auf. „Zum Teilen“ stand da. Huch. Was soll das nun heißen? Will sich HARIBO jetzt um das menschliche Miteinander verdient machen und was gegen die grassierende Vereinsamung tun?
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ODEON – das SüdstadtkinoMuss ich mit einer Tüte Lakritz auf Kontaktsuche gehen? Oder werden die Dinger demnächst an Singles gar nicht mehr verkauft? Andere Möglichkeit: Der Inhalt ist so gesundheitsgefährdend, dass beim Verzehr eines ganzen Beutels ernsthafte Probleme drohen? Da ich an jenem Nachmittag mit meinem halben Beutel allein zu Haus war und keine Lust hatte, eigens vor die Tür zu gehen, um irgendwelchen Passanten eine Teilhabe aufzudrängen, habe ich im Laufe der nächsten Stunden mutig die Lakritze ganz allein verputzt. Ohne besondere Nebenwirkungen.
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