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Kultur

„Wenn man Musik immer nur reproduziert, ist sie irgendwann tot…!“

Sonntag, 29. Mai 2011 | Text: Jens Rosskothen | Bild: Jan Krauthäuser

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Interviews am Telefon haben ihren ganz besonderen Reiz. Nicht nur, weil man sie im Grunde auf der Toilette führen könnte. Vielmehr besteht der Reiz in der Reduzierung des Interviewpartners auf seine Stimme. Da spricht kein Outfit, keine Mimik, und auch keine Geste schleicht sich mitsamt der Worte ins Hirn. Da ist nur eine Stimme. „Ähnlich wie bei der Musik“, kommen Markus Reinhardt und ich uns am Ende unseres Telefonats überein. Denn ein gutes Konzert ist letztendlich doch eines, wenn die Musik die Zuhörer auf direktem Wege erreicht, unmittelbar, ohne gestenreiche Umwege. „Und dann ist es egal, ob das Zigeunermusik ist…“
Aber wie gesagt, das war zum Ende unseres Telefonats.

Am Anfang ist bei mir eine leicht störende Ehrfurcht, denn mein Interviewpartner ist verwandt mit Django Reinhardt, dem legendären Gitarristen. „Django machte eigentlich keine Zigeunermusik, das war Swing…“. Markus Reinhardt selbst ist Violinist. Als Sechsjähriger trat er mit Vater und Onkel auf und spielte dabei traditionelle Zigeunermusik. Mit 17 Jahren gründete er mit seinen Cousins Janko Wiegand und Janosch Lehmann, beide Gitarristen, seine erste Gruppe. Wenig später kam der südstädtische Kontrabassist Andreas Schilling hinzu, und die Gruppe wurde durch verschiedene Festivals, später auch durch Rundfunk- und Fernsehauftritte bekannt.

Neben Markus Reinhardt, Janko Wiegand und Andreas Schilling, vervollständigt der Gitarrist Zoltan Püsky die heutige Besetzung des Ensembles. In Budapest geboren und aufgewachsen, ist er mit der ungarischen Zigeunermusik vertraut. Darüber hinaus studierte er klassische Gitarre in Köln und ist auch als Jazzmusiker eine Ausnahmeerscheinung. Jazzende Zigeuner, auch neuesten Musikstilen gegenüber offen, und ein südstädtischer Kontrabassist, Komponist und Arrangeur, der auch Filmmusik und Neue Musik komponiert.
Diese vier Musiker eint sicherlich die Liebe zu der Musik Django Reinhardts. Doch ebenso eint sie die Liebe zum lebendigen Umgang mit der traditionellen Zigeunermusik. Oder mit dem, was man darunter versteht. Denn „Zigeunermusik als solche gibt es nicht“, so Markus Reinhardt. Viel in der Welt herumgereist, traf er immer wieder auf Musiker, die für sich beanspruchten, die einzig wahre Zigeunermusik zu spielen. „Zigeunermusik umschreibt eine Vielfalt musikalischer Stilrichtungen und ist somit als solche nicht klar definiert“.
Mit Zigeunern und deren Musik assoziiert man doch landläufig immer noch etwas zwischen leidenschaftlich und unheimlich. Das ist die Exotik des Unbekannten, auch nicht definiert und somit genauso unerheblich wie die Frage, was denn nun typische Zigeunermusik sei.

Unerheblich ist es nicht, daß man sich mit seiner traditionellen Musik für neue Einflüsse öffnet. Stammen diese nun von außen oder aus der Autobiographie der einzelnen Musiker. „Wenn wir auf die Bühne gehen, wissen wir zumeist noch nicht, was wir spielen werden, das entscheidet sich in der jeweiligen Situation und Bühnenatmosphäre…“

Und wenn sich diese Musik dann auf direktem Wege ins Herz der Zuhörer tanzt, dann ist es für einen magischen Moment nun wirklich mal egal, wie man diese Musik nennt.
 

Das „Markus Reinhardt Ensemble“ (Köln) und „Kalman Balogh & the Gipsy Cimbalon“ (Budapest) spielen am Mittwoch, 01. Juni 2011, ab 18:00 Uhr bei der 4. Kölner Zigeunernacht  in der Lutherkirche.

 

Text: Jens Rosskothen

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