Wer hat schon Klarheit?
Mittwoch, 7. Oktober 2015 | Text: Jasmin Klein | Bild: Tamara Soliz
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Es gibt so viele Entscheidungsmöglichkeiten. Auch die digitale Welt bietet jede Menge Ablenkung. So schnell verspielt man sich. Gerade Freiberufler, Studenten und Führungskräfte, also in ihrer Arbeit wenig weisungsgebundene Menschen, sind gezwungen, sich selbst zu strukturieren. Die Gefahr, sich dabei zu verzetteln und den Fokus zu verlieren, ist groß.
Als ich hauptberuflich Musik produzierte, habe ich mit drei verschiedenen Tools gearbeitet: Einem Kalender für Termine, einer losen To-Do Liste für Aufgaben und einer A4 Kladde für meine Ziele. Und dabei entstand dann die Idee zu Klarheit.
Sandro Dalla Torre, in der Südstadt beheimatet, ist Wirtschaftsingenieur und Unternehmensberater. Nach dem Studium begann er, sich mit Strategie- und Führungsthemen zu beschäftigen. Dabei stellte er fest, dass es für Unternehmen elementar wichtig ist, eine Vision und eine Strategie zu haben. Er fragte sich: ist das nicht auch sinnvoll für einzelne Menschen?
Er entwickelte ein Selbstführungs-Tool, genannt „Klarheit“. Um mehr darüber zu erfahren, treffen wir ihn in der Bagatelle.
Warum braucht jemand ein Selbstführungs-Tool?
Sandro Dalla Torre: Man kann sich nur dann weiterentwickeln, wenn man eine Vision davon hat, wohin es gehen soll. Man braucht eine Blickrichtung, in die man seine Energie lenkt. Ich entwarf Stück für Stück eine Kladde, in der ich meine Ziele erarbeitete und und mir kleine Schritte überlegte, die mich meinem Ziel näher bringen. Ziele schriftlich zu fixieren hilft, man kann sie hin und wieder zur Hand nehmen und sich fokussieren. Wenn ich mit Freunden spreche, merke ich, dass es ein großes Thema ist, denn es geht vielen so wie mir. Ablenkung ist einfach omnipräsent. Wir haben toll ausgebildete Menschen, aber sie merken, dass sie oft nicht richtig bei sich sind. Was ist mit den eigenen Zielen? Um den Blick für sich selbst zu behalten und Reflexionsräume zu schaffen, habe ich dieses Tool entwickelt. Ich nutze es jetzt seit zwei Jahren selbst. Und durch die ständige Reflektion hat sich dieses Projekt aus sich selbst heraus entwickelt.
Wie sieht „Klarheit“ konkret aus?
Das Tool ist so aufgebaut, dass auf den ersten Seiten die Ziele herausgeschält werden. Und für jeden Monat gibt es einen Rückblick. Ich kann mein eigenes Verhalten reflektieren. Eine Monatsvorschau zeigt, was in den nächsten Schritten auf mich zukommt. Durch diese Perspektive bin ich nicht Opfer der Situation, sondern schaue auf die Situation. Nach sechs Monaten gibt es einen Halbjahres-Check, in dem ich mich noch mal etwas intensiver reflektiere. Das gibt wieder Schwung. Denn zu sehen, dass ich Effekte erziele, befriedigt auch. Ich entwickle positive Gedanken und kann offen auf die Situation schauen.
Das Ziel des Ganzen ist, dass man effektiver seine Zufriedenheit erreicht. Ich merke sehr schnell, was mir wichtig ist und was nicht.
Wo kann man Klarheit kaufen?
Um die ersten Bücher zu drucken, haben wir eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen. Einmal Klarheit kostet 25, und es soll in hellgrau und in anthrazit auf den Markt kommen. Es ist nicht nur ein schönes Weihnachtsgeschenk. Man kann es, wenn die Crowdfunding-Aktion erfolgreich ist, anschließend über die Website kaufen.
Warum gibt es das nicht als App?
Apps vernachlässigen den Körper. Ein Buch vermittelt ein anderes Gefühl. Es ist haptisch, man kann darin vor- und zurückblättern und nachschauen: was war denn in den letzten drei Wochen los? Man sieht auf einen Blick, wenn etwas leer geblieben ist. Das Buch hat auch ein bisschen Tagebuchfunktion. Die Grundidee des Ganzen ist ja Orientierung und Fokussierung. Apps und vieles Digitale sind ja auch eine Quelle der Ablenkung.
Das Gehirn bewertet Analoges einfach anders. Im Gehirn passiert auch etwas Anderes, wenn man mit der Hand schreibt.
Welche Ziele haben Sie für sich und Ihr Leben herausgefunden?
Ich habe nun eine größere Klarheit darüber, wie ich leben will: nicht für immer in der Innenstadt, ich möchte gesund alt werden und als Unternehmer Produkte produzieren, die anderen was Gutes bringen.
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