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Auf ein Kölsch mit... Glaube

Wer nicht genießen kann, wird ungenießbar!

Mittwoch, 29. Oktober 2014 | Text: Gastbeitrag | Bild: Barbara Siewer

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die Berliner Künstlerin Sonja Alhäuser setzt sich mit Vergänglichem auseinander: Kölner kennen ihre Arbeiten aus dem Jahre 2005, als sie in einer Kombiausstellung mit dem Museum Ludwig eine 1,80 Meter große „Blanko-Demonstration“ aus Schokolade herstellte. Seit 20 Jahren arbeitet die 1969 im Westerwald geborene Sonja Alhäuser bereits mit dem süßen Werkstoff und hat über neun Monate hinweg den Dreikönigenschrein aus Schokolade geschaffen. Sie sieht sich inzwischen als „Kennerin des Schreins“, denn sie hat sich intensiv mit dem Kunstwerk beschäftigt, das Goldschmid Nikolaus von Verdun im Jahre 1190 erschuf.

„Meine Südstadt“ traf die Künstlerin und ihren Assistenten, den aus Rumänien stammenden Bildhauer Radu Marian Bota, auf ein Kölsch im Schokoladenmuseum, wo bis zum 6. Januar 2015 der aus 300 Kilogramm Schokolade gefertigte Schrein steht. Genauer gesagt im Bug des Museums mit direktem Blick zum Dom, in dem bekanntlich das 850 Jahre alte Original* zu finden ist.

Meine Südstadt: Können Sie Schokolade eigentlich noch riechen? 

Sonja Alhäuser: Doch, kann ich. Dabei muss ich sagen, dass es nicht einfach ist, mit der Schokolade zu arbeiten – das ist ein Hardcore-Material. Die meisten haben auch nicht die Geduld und vor allem nicht das Gespür für den richtigen Schmelzpunkt. Mein Künstlerkollege Bota ist geduldig, geht unerschrocken mit dem Material um und beherrscht die Lippenprobe zur Erkennung der korrekten Temperatur.

War es Ihre Idee, im Jubiläumsjahr des Heiligenschreins diesen aus Schokolade zu bauen?
Sonja Alhäuser: Nachdem ich zum Jubiläum des Schokomuseums bereits zehn 50 Zentimeter große Schokobälle gemacht habe, kam Direktorin Maria Mrachacz auf mich zu und konfrontierte mich mit der Idee. Neben dem Kolumba Museum, der Domschatzkammer, dem Stadtmuseum und dem Museum Schnütgen wollte auch das Schokoladenmuseum einen Beitrag zur 850-Jahr-Feier des Heiligenschreins leisten.

 

 

.. und dann wird aus dieser Idee ein solch beeindruckendes Projekt.

Sonja Alhäuser: Zunächst habe ich mich eingelesen ins Thema, habe Fotos gesehen, entschieden, in welcher Größe ich die Figuren arbeite und wie ich sie anordne. Es sollte keine einfache Réplique werden, sondern vielmehr eine moderne, poppige Übersetzung des Themas. Als ich dann im März des Jahres zum ersten Mal das Original ganz nah vor mir sah, war das ein Schockmoment. Da wurde mir erst einmal  die religiöse Bedeutung und die Wichtigkeit meines Projektes klar.

 

Bota: Wir haben erst eine Holzkonstruktion im Verhältnis 1:1 zum Original gebaut und dann insgesamt 300 Kilogramm Zartbitter-, Vollmilch- und weiße Schokolade verarbeitet. Darüber hinaus Fruchtgummi, Marzipan, Zuckerstangen und Pistazien. Durch spezielle Mischungen haben wir bestimmte Farbnuancen erhalten.

 

Sie haben insgesamt 47 verschiedene Figuren auf dem Schrein platziert.

Ja, richtig. Und für alle habe ich vorab Silikonformen gefertigt, um damit die einzelnen Körperteile abzugießen. Diese wurden dann zusammengefügt, mit Esspapier eingekleidet und bemalt. Die Köpfe erhielten durch das Schnitzen der Gesichtszüge und die Modulation von Bart- und Kopfhaaren ihren individuellen Charakter.

 

Wenn man sich die Figuren genau ansieht, erkennt man einen sehr sexy Jesus.

Klar. Ich habe alle meine bärtigen Freunde gebeten, mir Modell zu stehen. Ich habe die gezeichnet, Formen erarbeitet und die Figuren entsprechend mit Schokolade gegossen. Natürlich sollen meine Figuren bekleidet aussehen, ich kann doch nicht so tun, als hätten sie darunter nichts. Bota war mein Ganzkörpermodell – er war das Vorbild für „meinen“ Jesus.

 

Was passiert denn mit dem Schrein in der nächsten Zeit?

Der setzt Patina an, und da, wo ich nicht sauber gearbeitet habe, noch ein wenig schneller. Das Lebensmittel Schokolade ist vergänglich, es verändert sich unter Licht-, Feuchtigkeit- und Wärmeeinflüssen. So ist es nun mal – und das ist auch gewollt. Bis zum 6. Januar 2015 wird der Schrein hier im schönsten Raum des Museums direkt neben dem Schokobrunnen stehen. Danach hole ich ihn zurück nach Berlin, wo er einem anderem Publikum gezeigt wird.

 

 

* Hintergrund
Vor 850 Jahren, am 23. Juli 1164, brachte Erzbischof Rainald von Dassel die Reliquien -der Legende nach die Gebeine-  der „Heiligen drei Könige“ von Mailand nach Köln. Goldschmied Nikolaus von Verdun erschuf 1190 – 1230 den wertvollen Schrein dafür. Die Stadt am Rhein wurde damit zu einem der wichtigsten Wallfahrtsorte, und um den großen Ansturm der Pilger Herr zu werden, wurde 1248 mit dem Bau des gotischen Doms begonnen. Bis heute ist der Kölner Dom das Wahrzeichen der Stadt und beherbergt den Dreikönigenschrein.

 

Mehr im Netz

Ausstellungsprogramm Dreikönigenschrein im süßen Glanz

www.dreikoenigsjahr.de
www.sonjaalhaeuser.de

www.radumarianbota.com
 

Text: Gastbeitrag

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