Feiertag: Die Friseure öffnen wieder. Oder sogar neu.
Montag, 1. März 2021 | Text: Judith Levold | Bild: Judith Levold
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Ab sofort dürfen die Friseure wieder ´ran – der Run auf ihre Termine läuft ja schon seit der Bekanntgabe durch die letzte Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin vor gut zwei Wochen. Auch ich habe einen Termin bekommen, bei Nadine. Seit 20 Jahren arbeitet sie als Friseurin und hatte sich immer vorgenommen: „Mit 40 mach ich meinen eigenen Salon auf.“ Und genau das macht sie. Pünktlich zur Lockdown-Lockerung am 1.3. 2021, mitten in der Corona-Pandemie, geht Nadine Volk mit ihrem neuen Salon „Schnittchen“ an den Start – ich bin die erste Kundin, Yeah!
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in.form – Köln Südstadt„Ich hab´hier 30m2 – da dürfen wir also nur mit drei Personen im Laden sein.“ sagt Nadine, die mich spürbar aufgeregt empfängt. Ob sie nicht verunsichert gewesen sei, wegen Corona und so, ausgerechnet jetzt einen Laden aufzumachen?
„Nee, irgendwie nicht. Ich bin total aufgeregt, dass es jetzt losgeht, nach der Renoviererei und was man alles beachten muss aktuell: Aber jetzt hier zu stehen und loszulegen, das macht mich froh.“ so Nadine. In einer Zeit, wo Existenzen zugrunde gehen, Betriebe einbrechen und Selbstständige in Hartz IV gedrängt werden, gründet sie eine Existenz, noch dazu mit einer „körpernahen Dienstleistung“, wie es im Politiksprech heißt. Also einer Tätigkeit, die viele Kontakte ganz zwangsläufig verursacht.
„Haare müssen immer geschnitten werden
Ihr Vorteil: Sie wusste von Anfang an, auf was sie sich einstellen muss: Schneiden mit Maske, Färben mit Lüften, Desinfizieren und digitale Kundenregistrierung. „Ich komme ja aus dem Lockdown, habe gut 20 Jahre in einem Salon auf der Dürener Straße gearbeitet, und der war jetzt natürlich auch dicht.“ Und, wie sie weiter fortfährt: „Ich gehe davon aus, dass ich womöglich auch dieses Jahr nochmal werde schließen müssen, aber grundsätzlich: Haare müssen immer geschnitten werden.“ blickt Nadine Volk pragmatisch in die Zukunft. Ihr Mann und ihre ganze Familie – zwei Schwestern mit BWL-Hintergrund – hätten sie sehr unterstützt jetzt in der Vorbereitung. „Ja, echt, die haben mir super geholfen mit Businessplan schreiben und so weiter – ich musste ja auch mit der Handwerkskammer sprechen, denn wenn man wie ich keinen Meister hat, braucht man eine Genehmigung für ein eigenes Geschäft.“ Das habe aber dann alles prima geklappt und jetzt stehe sie hier und können es kaum glauben.
„Ich habe ja lange in der Südstadt gewohnt und komme auch jetzt dauernd aus Bayenthal hierher – mein Sohn geht hier in die Kita, wir hängen hier auf dem Spielplatz ab nachmittags… Und da hab ich immer den kleinen Salon Marion auf der Teutoburgerstraße gesehen und gedacht, mmh, wenn der mal schließt, der hat ne gute Größe, super Lage – das wär was.“ Und im Herbst dann habe sie vorbeiradelnd tatsächlich das geschlossene Geschäft gesehen und sich die Nummer des Vermieters abfotografiert. Ihr Mann sei aber derjenige gewesen, der sie schließlich ein bisschen „geschubst“ habe: „So, jetzt oder nie…“. Und jetzt müsse sie erstmal gucken, wie alles sich so füge – „Mit meinem Kleinen, der wird fünf.“ – und ihren Öffnungszeiten. Zwei Tage will sie von 11-19h machen, an dreien bis 16h. „Und erstmal werde ich am Wochenende nur jeden ersten Samstag im Monat öffnen – ich muss einfach sehen, wie das anläuft.“
Über alles reden
Aufs Färben und die herkömmlichen Farben mit ihrer Belastung an toxischen Bestandteilen angesprochen, sagt Nadine Volk: „Ich bin total offen, muss schauen, ob ich guten Pflanzenfarbstoff finde und aufnehme. Wenn aber jemand einen speziellen Wunsch oder schon ein Farbprodukt hat und mitbringt – das rühre ich auch hier an und färbe der Kundin dann die Haare auch damit, kein Problem. Wir können über alles reden.“ Zumindest zum Interieur des Ladens passten pflanzliche und ungiftige Farbstoffe ziemlich gut: Ohne ChiChi, klar, mit drei Kundinnenplätzen und viel Grün – an Wand und in Töpfen, strahlt das „Schnittchen“ eine entspannende Atmosphäre aus.
Mit Nadines nigelnagelneuer Schere bekomme ich den allerersten Schnitt an diesem Morgen – und bin zufrieden. Das Strohige ist ab, es sieht wieder nach „Frisur“ aus und muss nicht mehr ständig als Zopf oder unter der Mütze versteckt getragen werden. Passt. Und dann geht es auch gleich weiter für Nadine, Stammkunde Herr P. steht schon in der Tür und freut sich: Von der Alteburgerstraße hat er es jetzt noch näher zu ihr als bislang nach Lindenthal. „Herr P., ich muss sie jetzt ein paar Sachen fragen, zwei Wochen speichere ich das – hatten Sie in den letzten Tagen Erkältungssymptome….“.
Die KundInnenregistrierung macht Nadine Volk vorbildlich digital, gleich integriert in ihr Kassensystem, „Ich muss noch rumprobieren, wie das geht hier, mit dem Kartenlesegerät – ja, funktioniert.“ grinst sie, als ich mich beim Bezahlen verabschiede. Hinter Plexiglas und einem großen Strauß Tulpen klappt Nadine Volk ihr gebundenes Terminbuch zu und hofft, sich unter den nicht gerade wenigen Südstadt-Friseuren rasch einen Namen machen zu können.
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