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Auf ein Kölsch mit...

Wild & Love – Liebe geht durch den Magen

Dienstag, 25. Oktober 2011 | Text: Gastbeitrag | Bild: Wikimedia Commons/ Designwork

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

ODER: wie ich zu einem Abendessen im „Haus Müller“ kam.

Mein von mir überaus geschätzter Nachbar kam am Morgen nach einer durchtanzten Nacht zu mir, bat um einen Kakao und um etwas Redezeit. Noch vor dem ersten Schluck platzte er heraus: „Ich habe die Nummer der schönsten Frau des Abends.“ Natürlich wollte ich mehr wissen, und ich brauchte auch gar nicht zu fragen, denn mein glückseliger Nachbar sprudelte nur so. Er erklärte, dass die Frau eigentlich gar nicht zu ihm passe, dass sie von der „Schäl Sick“ käme und er sie unbedingt wiedersehen wolle. Doch wer macht den ersten Schritt? Diese Frage beschäftigt die 15-jährigen Männer ebenso wie die Mittdreißiger. Nach Hoffen und Bangen wagte er den ersten Schritt und sprach auf ihren Anrufbeantworter. Ich riet ihm, ruhig noch einmal den Hörer in die Hand zu nehmen, um die Traumfrau zu sprechen, mein Nachbar hingegen schwörte Stein und Bein, dass sie sich innerhalb der kommenden 24 Stunden bei ihm melden würde.

 

Der Moment für eine Wette war gekommen: würde sie sich bei ihm melden, müsste ich meinen Nachbarn in ein Restaurant meiner Wahl einladen, wenn er jedoch vergeblich auf einen Anruf seiner Angebeteten wartete, dürfte er den Ort des Abendessens bestimmen. 24 Stunden später klingelte er bei mir und sagte grußlos: „Wir gehen ins „Haus Müller“! Ich bezahle!“

 

Essen für die Sinne

War es für mich bis zu diesem Zeitpunkt eine spannende Geschichte, so sollte nun der großartigere Teil beginnen. „Haus Müller“-Chef Jörg Holtwick begrüßte uns und machte uns auf die Wildkarte aufmerksam, die „noch bis zu den Gänsen, also bis zum 11.11.11 gilt“. Ich liebe Wild, komme jedoch nur selten dazu, es zu genießen. Wie immer in solchen Situationen konnte ich mich nicht entscheiden. Wildrahm- oder Kürbiscrèmesuppe? Feldsalat oder Blätterteigpastetchen? Wir starteten mit Entenleberparfait mit frischem Brioche und Cumberlandsauce. Da ich auf Süßwein stehe, orderten wir dazu ein Gläschen „Messidor Beerenauslese“ vom Weingut Gunderloch aus Rheinhessen. „Man muss ein wenig Entenleber auf der Zunge schmelzen lassen, danach ein Stück der noch warmen Brioche mit der Sauce essen“, riet uns der Hausherr, „und dann mit einem Schluck Süßwein hinunter spülen!“ Die Geschmacksexplosion war wunderbar und erinnerte mich an meinen Urlaub in Südfrankreich. Ich hätte getrost auf das Wildrahmsüppchen verzichten und mich ganz auf die Entenleber-Süßwein-Kombination konzentrieren können. Besser war es jedoch, den Magenwärmer zu kosten. Die heiße Suppe mit der kühlen Preiselbeersahne machten mich mehr als zufrieden – den Kick brachte jedoch das Pistazienklößchen. Mein Tischnachbar entschied sich für das mit Waldpilzen gefüllte Blätterteigpastetchen und setze nach dem ersten Bissen sein typischen breites zufriedenes Grinsen auf. In der Vergangenheit überraschte mich meine Mutter ein oder zweimal mit „Ragout Fin“ in einer vorgebackenen Pastete – dieses Erlebnis mit der stets durchgeweichten Blätterteig hat sich so sehr bei mir eingebrannt, dass ich darauf getrost verzichten konnte. Der Koch im „Haus Müller“ jedoch meinte dazu, dass das in seinem Zuständigkeitsbereich nicht passieren würde, da er die Pasteten jeweils „à la Minute“ backen würde.

 

Vor dem Hauptgang hatten wir genügend Zeit, unsere schrägsten und schönsten Frauen-Kennenlern-Geschichten auszutauschen – ich musste versprechen, an dieser Stelle keine der Stories niederzuschreiben. Ehrensache! Ich hörte mir in der Essenspause noch einmal in allen Einzelheiten an, wie die Traumfrau meines Nachbarn aussieht, wie sie tanzte und wie sie das Glas zum Mund führte. Ich mag diese Frau schon jetzt, und ich hoffe sehr, dass ich diesen Menschen auch tatsächlich einmal persönlich kennenlernen kann. Immerhin bin ich durch sie indirekt zum heutigen Essen gekommen.

 

Der passende Begleiter zu Fasan und Reh

Der Patron hatte extra für die Wild- und Gänsegerichte, die er in diesen und den kommenden Wochen anbietet, einen Rotwein aus Österreich ausgesucht. „90 Falstaff-Punkte hat der Zweigelt aus dem Burgenland bekommen“, beschrieb er dem leichten Roten. Der Wein schmeckte nach frischen Kirschen und dunklen Beeren und war ein ausgezeichneter Begleiter für den mit Schinken umhüllten Fasan und die Rehkeule in Orangen-Pfeffersauce. Die Aufgeregtheit, die das Frauenthema bei uns hinterließ, war mit dem ersten Bissen unserer Hauptgerichte wie weggeblasen. Was blieb war pure Zufriedenheit. Die Rehkeule in Kombination mit Orangenfilets und rotem Pfeffer ließ keinen Platz mehr für Probleme oder Frauengeschichten. Ich persönlich mag keine Maronen, mein Nachbar jedoch aß, nachdem wir die Teller tauschten, alle bis auf die letzte auf.

 

Zum Abschluss kredenzte uns der Chef einen Schnaps von gerösteten Haselnüssen, der es in sich hatte. „Ein schöner und intensiver Abschluss nach einem Wildessen“, behauptete Jörg Holtwick. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt, muss aber gestehen, dass ich allein vom Aroma des Schnapses süchtig werden könnte. Mein Nachbar war nach diesem Mahl ebenso zufrieden wie ich und war sich sicher, dass sich die Frau bei ihm melden würde. „Zur Sicherheit“, sagte er,“ werde ich es morgen jedoch noch einmal versuchen.“

Text: Gastbeitrag

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