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Lükes Liebes Leben

Wir Aufschneider – Lükes liebes Leben

Mittwoch, 29. April 2015 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Endlich ist NRW mal wieder vorneweg. Hat jetzt als erstes Bundesland mobile Sichtschutzwände angeschafft, die künftig bei Verkehrsunfällen Verletzte und Helfer vor Gaffern schützen sollen. Ist vermutlich sinnvoll. In dem Zusammenhang war zu lesen, das mit dieser Gafferei sei „typisch deutsch“. Ich persönlich kann jetzt nicht beurteilen, ob in anderen Ländern weniger gegafft wird, aber mit diesem „typisch deutsch“ ist man ja immer schnell bei der Hand. Ja klar, mit SUVs für 60 000 Euro beim Discounter vorfahren und kiloweise lecker Billigfleisch aus industrieller Produktion erstehen – sowas würde ein Franzose kaum machen. Die geben wie die meisten Südeuropäer ohnehin mehr Geld fürs Leben als fürs Besitzen aus. Und dass wir Müll mit derselben verbissenenen Akuratesse trennen, mit der wir einst KZs betrieben haben, hat bisweilen auch was von teutonischem Furor. Fußgänger, die nächtens geduldig vor einer roten Ampel warten, um eine unbefahrene Straße zu überqueren, sind mir bislang auch in keinem anderen Land untergekommen. Doch ich war ja noch nicht überall.

Belegte Gummibrötchen
Mir fällt zu „typisch deutsch“ aber immer ein, dass wir ein Volk von Aufschneidern sind. Zumindest in Flugzeugen. Jedenfalls könnte ich mich immer wegwerfen, wenn Mitreisende in Urlaubsfliegern mit den gereichten Menüs kämpfen. Wobei „Menü“ jetzt aus der Eigenwerbung der Airlines stammt. De facto handelt es sich dabei bekanntlich um eine schmucklose Plastikschale mit einzeln eingeschweißten Utensilien, von denen manche so gerade noch als Lebensmittel durchgehen können. Den Fraß würde man zu Boden nicht anrühren, aber in der Luft futtert man ihn meist doch. Aus Langeweile, weil er bezahlt ist, als Mittel gegen latente Flugangst oder was weiß ich. In der Regel gehört zu dem offerierten Schmaus auch eine Art Brötchen, gegen deren Konsistenz man konventionelle Burger-Pappen geradezu als kross bezeichnen könnte. In sowas beißt nun wirklich nur, wer echt Hunger hat und verputzt die dazu gereichten Wurst- und Käsescheibletten mit Hilfe einer Gabel. Nicht so der deutsche Fluggast. Der müht sich so emsig wie ausdauernd, das Gummibrötchen mittels des mitgelieferten Plastikmessers ordentlich durchzuschneiden, dann auch noch die Winzigkeit an tiefgekühlter Butter ordentlich darauf zu verteilen, um schließlich die beiden Hälften mit Aufschnitt zu belegen. Nach getaner, mühevoller Arbeit, beißt er dann irgendwann endlich genüsslich in sein belegtes Brötchen. Ich vermute, manch Deutscher würde glatt verhungern, wenn man ihm ein Baguette und ein ordentliches Stück Käse auf die Reise mitgäbe, weit und breit jedoch kein Messer aufzutreiben wäre.

Käpt´n Ahab im Rheinauhafen
Überleitung? Keine. Aber was machen eigentlich Binnenschiffer so den lieben langen Tag? Klar, der Kapitän sitzt hochkonzentriert am Ruder, umschifft souverän alle Untiefen und die Matrosen haben vermutlich auch gut zu tun. Unter Deck den Motor schmieren, dem Chef frischen Kaffee in die Kanzel bringen und so. Und das Be- und Entladen der Kähne ist wahrscheinlich sogar richtiger Stress. Das muss alles wie am Schnürchen laufen. Höllischer Termindruck. Kennt man ja aus anderen Transportbranchen. Aber es gibt ja offenbar auch Tage, an denen so ein Schiff einfach nur dumm rumliegt. Beispielsweise an den Kaimauern im Rheinauhafen. Zumindest sehe ich bei meinen morgendlichen Spaziergängen auf diesem Areal ständig Schlepper, die da fest vertäut vor sich hin dösen und auf irgendwas zu warten scheinen. Den nächsten Auftrag, die Zugangsberechtigung für den Godorfer Hafen oder sonstwas. Für die Eigner dieser Kähne sicherlich ärgerlich. Verlorene Zeit, irgendwie. Und obendrein teuer. Derweil könnten die Angestellten doch eigentlich still in sich hinein jubeln. „Juhu, schlapper Tag, nix zu tun“ oder so.

Doch dieser potentielle Müßiggang des Personals scheint den Schiffsfhrern gar nicht recht zu sein. Denn wenn es an Wartungsarbeiten offenbar nichts Sinnvolles mehr zu erldigen gibt, heißt die Parole scheint´s  noch immer: Deck schrubben! Und so sehe ich da morgens regelmäßig Matrosen, die mit Wasserschlauch und Besen mehr oder minder eifrig dabei sind, Schiffe zu säubern, die nach meinem Dafürhalten sowieso total sauber sind. Vom Boden solcher Kohle- oder Öl-Frachter soll man doch schließlich nicht essen können müssen. Handelt es sich bei diesem sinnfreien Tun um fürsorgliche Beschäftigungstherapie seitens der Kapitäne, damit ihre Untergebenen nicht vor Langeweile dem Trübsinn anheimfallen oder doch eher um schlichte Schikane wie seinerzeit bei Kapitän Ahab auf der Pequod nach dem Motto: Wenn ich die Schurken schon bezahlen muss, sollen sie auch was tun fürs Geld? Ich kenn´ mich bei Binnenschiffern nicht wirklich aus, tendiere aber irgendwie zur zweiten Variante.

Dauergeile Dänen
Bei anderen Berufsgruppen habe ich hingegen eine ziemlich klare Vorstelllung, wie sie ihren (Arbeits-)Alltag zubringen. Bei Prostituierten, zum Beispiel. Dachte ich jedenfalls. Bis ich unlängst dieses Inserat las: „Dauergeile Petra (28) ist gut zu Vögeln.“ Ja, wie das jetzt? Gibt´s unter Freiern inzwischen Fetischisten, die auf leidenschaftliche Ornithologinnen stehen? Oder sollte hinter der vermeintlichen Liebe zum Federvieh womöglich doch nur ein orthograhischer Lapsus stecken? Formulieren die Damen solche Anzeigen eigentlich selbst oder erledigen das irgendwelche minder sprachgewandten Zuhälter für sie? Ich muss mich mal umhören. Womöglich sind da ja irgendwelche Jobs frei.

Mit der jüngsten Meldung aus dem Staate Dänemark hat die Annonce jedenfalls vermutlich nichtmal am Rande zu tun. Dort soll nämlich ab dem 1. Juli Sodomie unter Strafe gestellt werden. Und zwar grundsätzlich. Hat das Parlament auf Antrag von Landwirtschaftsminister Dan Jörgensen mit 91 zu 75 Stimmen unlängst so beschlossen. Derzeit ist Sodomie in Dänemark nur strafrelevant, wenn  -von wem auch immer- der Nachweis erbracht werden kann, dass das Tier unter dem vollzogenen Akt gelitten hat. Was ich mir, rein praktisch, ja eher schwierg vorstelle. Jenseits der körperlich zu diagnostiziernden Symptome einer etwaigen Vergewaltigung ist es ja selbst für versierte Ermittler relativ schwierig, in einfühlsamen Einzelgesprächen mit Schafen, Ziegen oder Kühen posttraumatische Störungen ausfindig zu machen.

Insofern muss man den jüngsten Regierungsbeschluss vermutlich ohne alle Vorbehalte gutheißen. Wobei mir das Abstimmungsverhalten der 75 dänischen Nein-Sager durchaus Respekt abnötigt. Da setzt man sich doch leicht einem bösen Verdacht aus. Egal. Geschlachtet werden darf dänisches Nutzvieh ohne Befragungen aller Art natürlich auch weiterhin.

Text: Reinhard Lüke

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