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Gesellschaft Glaube

„Wir haben eine ermutigende Botschaft“ – Interview mit Ingrid Rasch

Dienstag, 2. Juli 2013 | Text: Jasmin Klein | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Rein rechnerisch müsste Frau Rasch schon einmal an jedem Südstädter mit dem Fahrrad vorbeigefahren sein. Die 68jährige lebt seit fast 50 Jahren in der Südstadt und hat als Diplom-Psychologin viele Jahre die Katholische Erziehungs- und Familienberatungsstelle in der Arnold-von-Siegen-Straße geleitet. Seit sie in Rente ist, engagiert sie sich intensiv in der Katholischen Pfarrgemeinde. Trotz ihres ausgefüllten Alltags findet sie die Zeit, sich mit „Meine Südstadt“ auf einen Kaffee in der Epicerie Boucherie in der Elsaßstraße zu treffen, in der sie auch schon einmal gewohnt hat (die Fotos entstanden in der Severinskirche).

Meine Südstadt: Liebe Frau Rasch, Sie sind eine wichtige Säule der Gemeindearbeit der Severinskirche. Wie kam es dazu?
„Ich habe fast 40 Jahre lang in der Katholischen Erziehungs- und Familienberatungsstelle gearbeitet (und sie 20 Jahre lang geleitet). In meiner Arbeit mochte ich besonders das unmittelbar Sinnstiftende, die Arbeit mit Menschen. 2007 wurden nach einem Prozess von etwa 15 Jahren fünf verschiedene Pfarrgemeinden zu einer, nämlich der St. Severinspfarrgemeinde, zusammengefasst.

 

Diesen Prozess, bei dem es wichtig war, die Vielfalt der unterschiedlichen Aktivitäten zu erhalten, habe ich in meiner Rolle als Pfarrgemeinderatsvorsitzende unterstützt, da ich ja durch meine Arbeit schon immer gut mit der Pfarrgemeinde und der Kirche verknüpft war. Als ich dann in Rente ging, schien es mir selbstverständlich, dass ich mich auch weiter in der Gemeinde engagiere.

 

Ich habe schon immer gerne organisiert und kann das hier gut einbringen. Für den Pfarrbrief war ich auch schon vorher aktiv. Und seit sechs Jahren habe ich auch für die Öffentlichkeitsarbeit mehr Zeit. Ich halte das für eine wichtige Aufgabe. Wir dürfen das Licht nicht unter den Scheffel stellen, denn wir haben eine ermutigende und tröstende Botschaft, und die dürfen, ja, die müssen wir auch zeigen. Ich tue das gern, ich gebe da auch viel Energie hinein.“

Frau Rasch leitet nicht nur die Pfarrbriefredaktion und ist mitverantwortlich für den Content der Website, sondern organisiert im Caritaskreis Krankenhaus- und Geburtstagsbesuche (es sind allein 800 Geburtstagsbesuche im Jahr, Meine Südstadt berichtete), sorgt mit für die Begleitung „einsamer“ Beerdigungen, betreut das Peru-Projekt (Hilfe für Schulkinder in Sartimbamba), ist die Vorsitzende des Fördervereins des Jugendzentrums GOT Elsaßstraße (‚Ganz Offene Tür’) und Mitglied im Vorstand des Katholikenausschusses (Vertretung der Katholiken in Köln).

 

Bei all diesem Engagement ist ihr aber immer noch das Gespräch mit anderen am wichtigsten. Weil bei ihr so viele Fäden zusammen laufen, ist sie eine Anlaufstelle für alle, die sich gern ehrenamtlich engagieren möchten, aber nicht wissen, was sie tun können und wieviel Zeit sie mitbringen müssen.

Frau Rasch: „Ich führe mit vielen Menschen Gespräche, die nach einem Engagement suchen, sich einsetzen möchten und den passenden Platz dafür noch nicht gefunden haben. Es gibt eine sehr große Bereitschaft, sich für eine sinnvolle Aufgabe einzusetzen, auch den – legitimen – Wunsch, dazuzugehören, Gemeinschaft und Beheimatung zu finden. In St. Severin gibt es viele sehr unterschiedliche Aufgabenfelder, da kann man sich langfristig, aber auch ganz punktuell engagieren. Ich denke, dass ich einen Überblick über viele – natürlich nicht über alle – Möglichkeiten habe, wo man sich hier einsetzen kann. Und ich finde es schön, dass ich als Rentnerin Zeit habe, mich mit den Menschen zu unterhalten.“

Was bedeutet Ihnen Ihr Glaube?
„Er gehört ganz selbstverständlich zu meinem Leben dazu, ist auch ein wichtiges Thema in vielen Freundschaftsbeziehungen und wird immer wieder kritisch hinterfragt. Er ist meine Heimat und bedeutet Gemeinschaft.“

Haben Sie ein spirituelles Vorbild?
„Ich versuche eine Orientierung an dem, was das Leben und die Botschaft des Jesus von Nazareth ausgemacht hat. Heute würde man sagen: Der war authentisch, Reden und Handeln stimmten überein. Und dass ihm wichtig war, das Reich Gottes, wie es immer so schön heißt, hier in der Welt zu verwirklichen und es nicht in ein Jenseits zu verschieben.

 

Besonders wichtig, aber auch besonders schwierig, ist mir das Wort ‚Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du‘. Nicht ganz einfach. Diese Übersetzung finde ich sehr viel eindringlicher als das übliche ‚wie dich selbst‘. Also die Liebe zu Gott, zu den Mitmenschen und zu sich selbst; große Worte und Ziele, denen ich mich anzunähern versuche, und das in Gemeinschaft mit anderen. Ich mag die mir vertrauten religiösen Rituale, auch wenn sie heute vielleicht nochmal einer Revision unterzogen werden müssten: welche sind heute noch aussagekräftig für die Menschen, die nicht in diesen Traditionen großgeworden sind.“

Welches Buch lesen Sie gerade?
„‚Lieber Bruder Franziskus‘ – von Anonymous. Fiktive Briefe im Geist des Franz aus Assisi, die Papst Franziskus darin bestärken, die notwendigen Schritte der Umkehr und Veränderung anzugehen.“

Wie würden Sie einem Zugezogenen die Kölner Südstadt erklären?
„Die Südstadt ist ein Dorf, in dem man sich kennt und in dem die meisten Menschen einander freundlich begegnen. Ich liebe es, in Geschäften bekannt zu sein, und das wird man schnell. Ich komme auch gerne mit wildfremden Menschen ins Gespräch. Die Südstadt hat eine Atmosphäre von Leichtigkeit. Pulsierendes Leben und eine große Vielfalt von Lebensformen vom Rheinauhafen bis zur Annostraße. 

 

Der U-Bahn-Bau hat das Viertel aber gebeutelt. Schöne Geschäfte wie das ‚Mode Kierdorf’ sind verschwunden, und es kamen viele Billigläden, vor allem Billigbäckereien. Was mich freut, ist der Biomarkt auf dem Severinskirchplatz, der Bioladen auf der Severinstraße, und langsam kommen auch wieder schöne, neue Läden dazu.“

Wo kann man Sie in der Südstadt treffen?
„Ich trinke gerne Kaffee im ‚Café Sur’, frühstücke mit Freunden im ‚Haptilu’ oder im ecco und esse im ‚à la Tarte‘ den außergewöhnlich köstlichen Kuchen.Ich reise aber auch sehr gerne. Demnächst geht es nach Mailand, dann bis zum Ende des Jahres noch in den Südschwarzwald, nach Hamburg, an die Ostsee und nach Österreich. Und alles mit dem Zug, denn ich habe kein Auto.“

Liebe Frau Rasch, wir danken Ihnen sehr herzlich für das Gespräch.

Caritas-Kreis
Krankenhausbesuchsdienst, Pfarrbesuchsdienst, Geburtstagsbesuche bei älteren Menschen, praktische Hilfen, finanzielle Unterstützung?
Kontakt: Ingrid Rasch, caritas@st-severin-koeln.de
Pfarrbriefredaktion: pfarrbriefredaktion@st-severin-koeln.de
 

Text: Jasmin Klein

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