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Bildung & Erziehung Familie Südkids

„Wir sind das zweite Zuhause“ – Tageseltern in der Südstadt

Donnerstag, 18. Juli 2013 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Sie sind bei Wind und Wetter hier, immer so ab 10.30 Uhr. Eine wuselige Gruppe von Kleinkindern, aber jedes gehört zu einer Tagesmutter (bzw. einem Tagesvater) – und das ist an den Mützen zu erkennen: weiße Mütze = Sandras Gruppe, gelb = Susannes Gruppe, grün = Patty, orange = Michael und blau = Andrea.

Es ist ein Sommervormittag in Köln, Treffpunkt ist der Spielplatz am Baui. „Meine Südstadt“ berichtet seit einiger Zeit über den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, denn zum 1. August beginnt der Rechtsanspruch.

Heute sprechen wir mit drei Tagesmüttern über die Frage, wie sie ihren Job meistern – und ob sich ihre Arbeit mit der neuen Regelung verändert. Wir sitzen am Rande des Spielplatzes, und Sandra, Susanne und Patty geben Auskunft.

Meine Südstadt: Wie oft seid ihr hier?
Sandra: Das hier ist unser Stamm (sie lacht). Wir treffen uns jeden Tag.
Patty: Ich würde sagen: 300 Tage im Jahr, auch bei Schnee und Sturm.
Sandra: Allerdings sind wir dann auch alleine hier.

Wie groß sind eure Gruppen?
Sandra: Grundsätzlich sind es meistens vier Kinder pro Tagesmutter.
Patty: Bei mir sind es fünf, aber ich habe eine Pflegeerlaubnis für sechs. Das heißt: Wenn das erste Kind abgeholt wird, kann das sechste dazukommen, zum Beispiel mittags. Also fünf gleichzeitig, das ist gesetzlich geregelt.

Wer erteilt euch die Pflegeerlaubnis?

??Sandra: Das läuft über die Stadt Köln, über das Jugendamt. Wenn Du anfängst in dem Job, bekommst Du erstmal eine Erlaubnis für drei Kinder. Dann besucht Dich die Stadt und schaut: Wie sind die Räume? Wie kindersicher ist das Haus? Wir müssen alle einen Kurs absolvieren, 160 Stunden, bei Trägern wie dem Evangelischen Bildungswerk oder dem Freien Bildungswerk, das eher in die Waldorf-Richtung geht.

Welche Kinder kommen zu euch?
Patty: Eigentlich die Kleinen. Ich nehme Kinder ab 10 Monaten und jünger. Da sagen die Eltern: Wir finden es schöner, dass unser Kind in einer kleinen Gruppe ist und nicht mit 20 Kindern in einer Kita. Fünf, das ist eine familiäre Geschichte. Wir sind das zweite Zuhause.

 

Sandra, Susanne und Patty am Spielplatz im Römerpark.

Wie wird so ein Platz bei einer Tagesmutter finanziert?
Susanne: Die Eltern zahlen – je nach Einkommen – einen Beitragssatz an die Stadt Köln. Von der Stadt bekommen wir 3,50 Euro Zuschuss, pro Kind pro Stunde.
Patty: Dazu kommen bei uns dann noch einmal 2,50 Euro pro Kind pro Stunde: Das zahlen die Eltern direkt an uns. Hier in unserem Stamm mit den fünf Tageseltern nehmen wir alle das gleiche. Wir sind da kollegial.
Sandra: Früher war ein Platz bei einer Tagesmutter ein Luxusding. Das ist heute nicht mehr so.

Wie ist euer rechtlicher Status?
Susanne und Patty: Wir sind Freiberufler, aber es gibt steuerlich für uns eine gesetzlich festgelegte Betriebskostenpauschale pro Kind.
Susanne: Das meiste Geld geht in das Essen. Wir machen fast alles mit Bio-Produkten und nicht mit der Fünf-Minuten-Terrine.
Patty: Ich koche immer frisch und gebe den Kindern keine Fertignahrung. Dienstags und freitags gehen wir zusammen auf den Öko-Markt an der Severinskirche. Die Kinder kommen mit, damit sie sehen, was wir einkaufen und verarbeiten.

Wie ist euer Verhältnis zu den Kitas und Kindergärten in der Südstadt?
Sandra: Dieses Jahr ist eine Sache auffällig: Sonst bleiben die Kinder oft bei uns, bis sie drei Jahre alt werden. Durch den Ausbau der U-3-Betreuungsplätze nehmen die Kitas nun aber auch Zweijährige, also Kinder, die sonst länger bei uns Tagesmüttern sind. Und das geschieht auch mit Druck.

Was heißt Druck?
Sandra: Bei einem meiner Tageskinder hat die Kita den Eltern gesagt: Sie müssen den Kita-Platz jetzt nehmen, denn wir können Ihnen nicht versprechen, dass sie noch einen Platz bekommen, wenn ihr Kind drei Jahre alt ist. Die Kitas müssen eben auch Auflagen erfüllen und Plätze besetzen. Ich habe einen Fall, wo sich die Eltern dagegen entschieden haben, ihr Kind schon mit zwei in die Kita zu geben – und die hoffen jetzt, dass das Kind mit drei noch einen Platz bekommt.

Was heißt das für euch?
Sandra: Das heißt, dass wir die Kinder manchmal nur für ein paar Monate bekommen. Das ist ganz unbefriedigend. Wir sind doch sowas wie ein Mutterersatz.

Was verändert sich in den Kitas genau?
Patty: In den Nachrichten war zu hören, dass die Gruppen vollgestopft werden. Aus einer 20er- wird dann eine 30er-Gruppe, aber der Personalschlüssel bleibt gleich. Die Kindergärten versuchen eben, das Ziel zu erreichen – aber es gibt keinen neuen Raum, und es gibt nicht mehr Personal.
Sandra: Ein ehemaliges Kind aus meiner Gruppe war in der Kita, und das Kind geht jetzt wieder raus aus der Kita. Ein Beispiel: Als es heiß war, durften die Kinder nicht nach draußen, weil es nicht genug Schattenplätze gab. Da gibt es Vorgaben von der Stadt.

Ist der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz grundsätzlich gut?
Patty: Ja. Es ist was Gutes, aber die äußeren Umstände müssen stimmen. Ich finde einen Rechtsanspruch total legitim. In anderen Ländern, in Schweden, Norwegen und Frankreich gibt es das doch auch.

Hat die Stadt euch gefragt, ob ihr auch größere Gruppen übernehmen würdet? Sagen wir, mit acht Kindern??
?Alle schütteln den Kopf und sagen: Nein.
Susanne: Wir sind ja keine Maschinen.

Was wünscht ihr euch von der Politik?
Patty: Ich würde mir wünschen, dass die Politik den Status der Tagesmütter positiv hervorhebt. Wir sind keine Rand-Erscheinung, kein Auffang-Netz. Diese Aufgabe musst Du mit Herz und Seele erfüllen, und wir wünschen uns, dass das wertgeschätzt wird. Oft hört man, wir seien nur ein Auffangbecken.

Auffangbecken für wen?
Susanne: Also aus Sicht der Stadt Köln, weil da dann zum Beispiel steht: „Es gibt auch noch Plätze bei Tagesmüttern.“

 

Ist Deutschland kinderfreundlich?
Patty (mit Nachdruck): Nein. Überhaupt nicht. Das fängt bei den Spielplätzen an. Oder dass Leute genervt sind, wenn wir irgendwo mit den Kindern hingehen.
Sandra: Die Kinder werden doch irgendwie wegorganisiert, aus dem Umfeld herausgeschoben. Bei vielen guten Erfahrungen, die ich mache, spüre ich auch immer wieder: Es gibt keinen Platz für Kinder, keine Freiräume.

Wie steht ihr zu eurem Job?

??Sandra: Wir machen das alle sehr gerne. Uns geht es gut.
Patty: Wir lieben die Arbeit, die wir machen.

Und wie hoch sind die Ansprüche der Eltern an euch? Sprecht ihr chinesisch? (Diese Frage stammt von Fotograf Dirk).
Patty: Meine Aufgabe ist es in erster Linie, ein soziales Verhalten zu prägen. Wir singen, wir lesen Bücher, wir bringen eine soziale Gruppe zusammen.

Und trefft euch ganz bewusst jeden Vormittag hier.
Sandra: Genau. Wir können so einfacher füreinander einspringen, wenn mal was ist, wenn einer auf die Toilette muss oder wenn ein Kind zum Arzt müsste. Zuhause haben wir eine kleine Gruppe, und hier auf dem Spielplatz haben wir die Großgruppe.

Vielen Dank für das Gespräch.

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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