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Lükes Liebes Leben

Wir werden alle verhungern

Montag, 4. April 2022 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die neuen Kletterparcours auf Spielplatz An der Eiche sind nun eröffnet. Jetzt nicht so richtig. Aber letzten Mittwoch tobten da zwei Jungs, die sich einen Zugang zu dem Areal unter den Absperrgittern hindurch gebuddelt hatten, mit großem Spaß über die Gerätschaften. Die Dinger haben den unangemeldeten Testlauf offenbar schadlos überstanden. Wann das Ganze von wem auch immer offiziell zur Nutzung freigegeben wird, ist noch immer nicht absehbar. Bis Weihnachten klappt das.

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Derweil geht der Hamsterwahn munter weiter. Nachdem unzählige Südstädter ihre Wohnstuben mit Pflanzenöl-Flaschen und Mehltüten dekoriert haben, ist ihnen offenbar eingefallen, dass sie für die Nudeln ja auch noch Soße brauchen. Weshalb jetzt auch Dosen-Tomaten überall aus sind. Ich war am Samstag im Handelshof, wo es Sonnenblumen-Öl scheint´s nur noch in 15-Liter-Kanistern gab. Jedenfalls hatten nahezu alle Kunden an der Kasse diese riesigen Gallonen mit Flüssigfett in ihren Wagen. Nicht nur die professionellen Betreiber von Restaurants und Imbissbuden, die man an ihren Einkäufen ja leicht erkennt, sondern auch die Konsumenten, die nur für ihren Privathaushalt unterwegs waren. 15 Liter Öl in der Kochküche!!! Und da ab heute Fleisch- und Milchprodukte teurer werden sollen, bekomme jetzt überall Tipps, wie toll man Butter doch einfrieren kann. Deutschland droht schon wieder der Hungertod. Damit nicht genug der Panik, schießen in den Bestsellerlisten derzeit allerlei krude Survival-Ratgeber („Kochen ohne Strom“, „Lexikon des Überlebens“ oder „Fluchtrucksack“) nach oben. Dieser barbarischen Krieg fordert unzählige Opfer und in manchen Ländern werden Menschen im Laufe des Jahres seinetwegen verhungern. Wir werden vermutlich nicht dazugehören.

Gut geschlafen, Wladimir?

Vermutlich macht es gerade in Kriegszeiten Sinn, den Gesprächsfaden zwischen verfeindeten Parteien nicht abreißen zu lassen. So finde ich es denn auch in Ordnung, wenn unser Kanzler und Herr Macron mehrmals die Woche mit Putin telefonieren. Und manchmal greift auch noch Onkel Joe aus Amerika zum Hörer. Gebracht hat das offenbar bislang herzlich wenig aber geschadet vermutlich auch nicht. Was mich nur immer wieder verblüfft, wenn ich im Radio von einem neuerlichen Telefonat höre, ist die Info, das Gespräch habe „rund eine Stunde“ gedauert. Ich wüsste nicht, wann ich mal eine geschlagene Stunde lang telefoniert hätte, aber bei mir geht’s je meist auch um eher belanglose Angelegenheiten. Trotzdem: Wie soll ich mir solch ein Telefonat zwischen Scholz und Putin vorstellen? Nun gut, vermutlich werden da erstmal ein paar Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht und vielleicht erzählt man sich auch noch, wie denn die Nachtruhe war und was es zum Frühstück gab. Womit aber doch gerade einmal drei, vier Minuten um wären. Über was reden die den Rest der Zeit? Letztlich dürfte es doch da nur um die schlichte Frage gehen, ob der Mann im Kreml über Nacht vielleicht doch noch zur Einsicht gekommen ist oder nicht. Oder werden da auf höchster Ebene neue Sanktionen oder Fluchtkorridore diskutiert? Irgendwann werden ja vielleicht die Protokolle dieser Telefonate veröffentlicht. Würde ich mal gern reinschauen.

Lust auf Ohrfeigen

Whow! Es wird wieder öffentlich geohrfeigt. Erst erwischte es Herrn Pocher am Boxring in Dortmund, und wenige Tage später verpasste Will Smith während der Oscar-Verleihung Schauspieler und Comedian Chris Rock eine satte Backpfeife. Über die Recht-, bzw. Unrechtmäßigkeit dieser Züchtigungen will ich mich jetzt gar nicht auslassen. Und natürlich bin auch der Überzeugung, dass Gewalt irgendwie keine so gute Lösung ist. Obwohl. Bisweilen begegnen mir vor allem im Straßenverkehr zunehmend zeternde Zeitgenossen, denen mit Argumenten oder Hinweisen auf die Rechtslage partout nicht beizukommen ist. Da verspüre ich manchmal durchaus eine gewisse Lust… . Mache ich aber natürlich nicht. Ich fand ja einfach nur die beiden öffentlichen Ohrfeigen so kurz nacheinander rätselhaft. Ich weiß nicht, was in den einschlägigen Reality-Formaten so alles ausgeteilt wird, aber die letzte Backpfeife im Fernsehen, an die ich mich erinnere, war die von Beate Klarsfeld, die 1968 dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger auf einem CDU-Parteitag wegen dessen Wirken im ehemaligen NS-Propagandaministerium eine tafelte. Und das völlig zu Recht.

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Belanglose Notiz am Rande: StudiVZ wurde gerade abgeschaltet. Jenes 2007 eingerichtete Netzwerk, das zum Schrecken aller Professoren wurde, weil Studierende dort zunehmend enthemmt u.a. ihre ganz persönliche Sicht auf die Qualitäten der Lehrenden abgaben. Irgendwie braucht die Plattform jetzt keiner mehr. (Das Pendant SchülerVZ wurde bereits 2013 dicht gemacht.) Mit dem Umstand, dass die Buchstaben V und Z durch den Krieg Russlands derzeit eher nicht so gut dastehen, soll die Schließung aber nichts zu tun haben.

Text: Reinhard Lüke

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