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Kultur

Wo der Hammer hängt

Montag, 26. November 2012 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Von außen sieht man es dem unscheinbaren Flachbau am Rande der ehemaligen Dombrauerei gar nicht an, welche Kostbarkeiten hier regelmäßig den Besitzer wechseln – das nächste Mal am 28. und 29. November 2012. In gleich drei Auktionen wird dann im Auktionshaus Van Ham moderne und zeitgenössische Kunst zum Aufruf kommen. Die Photographie-Auktion bildet wie in jeder Saison den Abschluss am 7. Dezember. Vom Niederländischen Meister um 1470 bis zu Gerhard Richter und von der handbemalten Meissner Porzellanfigur bis zum Foto von Wolfgang Tillmans reicht das Angebot, das zweimal jährlich in mehreren Auktionen angeboten wird. Trotzdem kennt Van Ham seine Grenzen: Asiatika und Designobjekte beispielsweise werden nicht versteigert: „Wenn man den Anspruch an seine Abteilungen hat, den wir haben“, erläutert Pressesprecherin Elisabeth Srikiow, „dann geht das nicht in jedem Bereich.“

Carola van Ham, spätere van Ham-Eisenbeis, hatte 1959 als erste weibliche Auktionatorin Europas das „Kunsthaus am Museum“, damals noch neben dem Museum für Kunst und Gewerbe, gegründet. Dort verkaufte sie vor allem Gemälde und europäisches Kunsthandwerk. Als vierzig Jahre später der Standort gewechselt wurde und das Haus in neue Räume in der Schönhauser Strasse zog, übernahm ihr Sohn Markus Eisenbeis das Geschäft. Alte Meister und 19. Jahrhundert, Moderne und zeitgenössische Kunst, europäisches Kunstgewerbe und Schmuck, Teppiche und Photographien kommen hier unter den Hammer. Die Photographie-Abteilung ist die jüngste; die für moderne und der zeitgenössische Kunst wurde 2002 umstrukturiert: Hier sieht Markus Eisenbeis heute den Schwerpunkt des Hauses.

Den größten Umsatz macht sein Unternehmen naturgemäß mit den Auktionen, zu denen regelmäßig Sammler aus ganz Europa in die Südstadt anreisen. Viel erscheinen allerdings nicht mehr selbst zu den Vorbesichtigungen und zu den Versteigerungen. Online und per Telefon wird inzwischen weltweit geboten – allein auf Grundlage jener Zustandsbeschreibungen der Werke, die in den aufwändigen -Katalogen und auf Wunsch auch ausführlicher per Email und Post zur Verfügung gestellt werden. Die Hauptarbeit des Auktionators sei der Aufbau eines vertrauensvollen Verhältnisses zu seinen Kunden, berichtet Markus Eisenbeis. Zu den Käufern, vor allem aber auch zu den Verkäufern, die ja der Überzeugung sein sollten, dass ihre Werke bei ihm in den besten Händen sind. Schließlich ist die Konkurrenz so groß wie die Gewinne, die das Geschäft mit der Kunst nach wie vor verspricht. Wer noch in den 1960er-Jahren ein expressionistisches Gemälde für wenige Tausend Euro gekauft hat, kann heute unter Umständen mit Millionen rechnen – wenn es sich um ein Original aus sauberer Quelle handelt.

Während man in anderen Auktionshäusern mitunter die Untersuchung der Bilderherkunft, der so genannten Provenienz, nicht als primäre Aufgabe zu betrachten scheint, nutzt Van Ham das Fachwissen der eigenen Abteilungen, um eingelieferte Werke genau unter die Lupe zu nehmen. Bei dieser Erstbetrachtung im eigenen Hause spielt eine Rolle, ob eine seriöse Expertise eines anerkannten Experten vorliegt, ob es stilistische Auffälligkeiten gibt, wie die Qualität des Bildes und die Auswahl des Motivs beschaffen ist und ob es eventuell Versatzstücke aus anderen bekannten Werken gibt. Auch technische Aspekte können im Hause selbst untersucht werden. Ansatzpunkte sind hier unter anderem die Untersuchung der Rückseite. Wie sehen die Nägel aus, die Leinwand, ist die Signatur überzeugend, ist sie aufgesetzt? Was zeigt die Untersuchung im UV-Licht, gibt es eine Unterzeichnung, die im Infrarotlicht sichtbar wird, wie wirkt das Krakelee, die Rissbildung der obersten Farbschicht? Ein künstlich erzeugtes Krakelee, also ein künstlich gealtertes Bild, sieht deutlich anders aus als ein originales. Gibt es Verdachtsmomente, wird ein Bild mit Einverständnis des Einlieferers auch in externen Labors gründlicher untersucht: Dann werden unter Umständen sogar Material- und Pigmentproben entnommen, um eine genaue Altersbestimmung zu erhalten.

 

Der Mann, dem die Sammler vertrauen – Markus Eisenbeis

Um das eigene Haus und seine Kunden vor unliebsamen Überraschungen zu schützen und eine Plattform für einen entsprechenden Austausch zu schaffen, hat Markus Eisenbeis zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Kunstversteigerer schon vor längerer Zeit die „Datenbank kritischer Werke“ gegründet. Im Austausch mit Kunstarchiven, -nachlässen und Autoren von Werkverzeichnissen, aber auch auf eigene Initiative werden in diese Datenbank Werke aufgenommen, bei denen begründete Zweifel an der Echtheit bestehen. Werkverzeichnisse gibt Van Ham auch selbst heraus – etwa für den Maler und Grafiker Karl Hofer oder – erst vor wenigen Wochen erschienen – für den russischen Maler Franz Roubaud. Sie spielen keinen Gewinn ein, weil die Recherche enorm aufwändig und teuer ist, dokumentiert aber das Interesse des Auktionshauses auch an der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Kunst.

Zwar sei die Wirtschaftskrise auch auf dem Kunstmarkt spürbar – gleich in zwei Richtungen: Während im mittleren Preissegment die erzielten Gewinne deutlich zurückgegangen sind, so Eisenbeis. Die entsprechenden Werke im Spitzenbereich hingegen steigen noch immer. Hier spielt die Flucht der Investoren in sichere Sachwerte eine große Rolle. Gerade erst ging eine doppelseitige Rötelzeichnung von Cosmas Damian Asam von der Schönhauser Straße aus für 112.000 Euro ans Metropolitan Museum of Art in New York. Aufgerufen worden war sie als Werk des deutschen Asam-Schülers Matthäus Günther. Highlight der Moderne-Auktionen am Mittwoch und Donnerstag sind unter anderem eine „Sitzende mit zwei Figuren“ des nur noch selten am Kunstmarkt auftauchenden Bauhaus-Meisters Oskar Schlemmer von 1936 (Schätzpreis 400-600.000 Euro) und ein „Mädchen mit Triangel“ von Karl Hofer (120-180.000 Euro). Hinter den in einem Sonderkatalog präsentierten „Highlights einer Sammlung“ verbergen sich Bestände der gerade erst nach 48 Jahren geschlossenen Kölner „Baukunst-Galerie“.

Lange allerdings werden solche Meisterwerke nicht mehr am Rande der Südstadt versteigert werden sein. Unter anderem wegen der Veränderungen, die die Neuplanung des ehemaligen Dombrauereigeländes mit sich bringt, hat sich Markus Eisenbeis entschlossen, aus den gepachteten Räumen an der Schönhauser Straße auszuziehen und einen Neubau in Raderberg zu errichten. Voraussichtlich ab 2014 soll dort der Hammer fallen.

Text: Nora Koldehoff

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