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Bürgerbeteiligung Parkstadt Süd Gesellschaft Politik

Zartes Pflänzchen Planungsprozess – Zweiter Themenabend „Parkstadt Süd debattieren“

Mittwoch, 20. Mai 2015 | Text: Gastbeitrag | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Diesmal gab´s zu Schreibutensilien, Apfelschorle und Laugenbrezeln sogar eine druckfrische Broschüre der Stadt als „Sanierungsinfo Parkstadt Süd“ – mit allen Details des Entwicklungskonzeptes südliche Innenstadt-Erweiterung – kurz ESIE. Baudezernent Franz-Josef Höing persönlich schlich von Arbeitsgruppe zu Arbeitsgruppe durch das Pädagogische Zentrum des Humboldt-Gymnasiums, so als wolle er überall mal reinhören und aufsammeln, was die Akteure aus der Südstadt sich so alles ausdachten zu den Themen, die beim zweiten Debattierabend zur Parkstadt Süd von Morgen auf der Agenda standen. Diesmal ging es in der Tat um Höings Spezialgebiet – wie „Stadt entsteht“. Mal aufmerksamer Zuhörer, mal fachkundiger Oberstadtplaner, der sich in die Gruppendiskussion einklinkte, ließ Höing sich von der zarten Pflanze Bürgerbeteiligung im Planungsprozess euphorisieren.

 

„Schön zu sehen, dass wir Fahrt aufgenommen haben. Wir wollen auch weiter Fahrt aufnehmen, aber nichts übers Knie brechen und uns Zeit lassen. Sie haben sich in sehr kurzer Zeit viele kluge Gedanken gemacht, die es nun gilt in die Aufgabenstellung für die fünf Planungsbüros zu integrieren“, lobte Höing die rund 200 Diskutanten des Abends. Allerdings müsse auch bedacht werden, wie viel Flexibilität man zulassen könne, um sie nicht zur Beliebigkeit werden zu lassen.  Man sieht dem Mann förmlich die große Verantwortungslust an, wenn er schwer beladen mit seinem schwarzen Rucksack voller Unterlagen von Tisch zu Tisch wandert, mit verknittertem Sacko zu später Stund noch im PZ sitzt und sich wissbegierig Notizen auf Moderationskärtchen schreibt. Schließlich gilt es, hier am Ende einen großen Wurf hinzulegen – die Vollendung des inneren Grüngürtels von der Luxemburger Straße bis zum Rhein.

„Erst mal schwer weggekommen“

Nach einleitenden Worten von Moderator Simon Hubacher, sorgten drei Impulsvorträge für die inhaltliche Vorbereitung der Teilnehmer auf das Oberthema des Abends „Stadt entsteht“. Der Münchner Stadtplaner Andreas Uhmann ging dabei auf kommunale Eckpfeiler städtebaulicher Entwicklungen ein, Urbanist Phillip Cabane aus Basel informierte das interessierte Publikum über seine Sicht auf das Thema Zwischennutzungen und Verena Schmidt, Architektin aus Berlin, referierte über prozess- und nutzerorientierten Städtebau am Beispiel des Kreativquartiers in München. So gut, so schön. Dann ging es ab in die Arenen der Möglichkeiten. Dort  hatten dann die Akteure aus dem Entwicklungsgebiet als „geborene“ Stakeholder, also als Personen mit Interesse am Verlauf und Ergebnis des Prozesses, das Wort und stiegen mit ausgewählten Moderatoren und Verwaltungsfachleuten in die Diskussion zu sechs gesetzten Themen ein.

 

Es konnte der Eindruck entstehen, dass es angesichts der doch sperrigen Begrifflichkeit der formulierten Themen, den Gruppen anfänglich schwer fiel, die Diskussionen in Gang zu bekommen.  „Wir sind erstmal schwer weggekommen“, brachte es Andreas Uhmann auf den Punkt, der die Gruppe „Stadt macht Stadt – Eckpfeiler kommunaler Stadtentwicklung“ leitete. Es lag wohl an der fast wie eine „Herkulesaufgabe“ wirkenden Überschrift, die einige Akteure erst einmal davor zurückschrecken ließ, tragende Säulen in die Sanierungsplanung der Verwaltung einzuziehen oder aber schlichtweg an der Unwissenheit, welche Eckpfeiler in bezug auf das Projekt die Stadt bereits gesetzt hat. Anne-Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamte und einige Verwaltungsfachleute, die mit in der Gruppe waren, versuchten,  Abhilfe zu schaffen. Andere Gruppen taten sich da leichter. Am Ende erfüllte aber auch Uhmanns Gruppe,  die an sie gesteckten Erwartungen, nämlich die Ableitung von fünf Thesen. Die wurden in der Abschlussrunde von den jeweiligen Gruppenmoderatoren dem Plenum vorgestellt.

„Köln ist nicht überall schön, soll aber schöner werden“

So präsentierte Uhmann für seine Gruppe „Stadt macht Stadt – Eckpfeiler kommunaler Stadtentwicklung“ in erster Linie die Forderung nach dem Aufbau einer verlässlichen Projekt- und Verfahrensstruktur für die Planung und Umsetzung, die Verantwortlichkeiten und Ansprechpartner festlegen soll.  Transparenz und Beteiligung im Prozess sollen so kontinuierlich sicherstellt werden. Konzeptvergabe sollen vor Preisvergabe stehen, so eine weitere These. Berücksichtigt finden wollen die Akteure auch die Belange verschiedener Nutzer in Hinblick auf Parzellierung, Höhenentwicklung und Dichte auf dem gut hundert Hektar großen Areal. Eine diversifizierte Bebauung und Offenheit für neue städtebauliche Strukturen – ruhig kreativ und visionär – seien da gefordert.

 

Differenzierte Wohnungsangebote und vernetzte Freiräume wünschen sich die Teilnehmer der Gruppe ebenso wie eine Haus- und Quartiersbezogene Nutzungsmischung sowie eine gemeinschaftliche Nutzung am späteren Grüngürtel.
 Die „Nutzerorientierte Stadtentwicklung“ war dann auch das Thema der Gruppe unter Moderation des schweizerischen Stadtplaners Philippe Cabane. Die am Nutzer ausgerichtete Stadtentwicklung brauche vor allem eins –Partizipation. „Sie hat aber auch das Dilemma unterschiedlicher Positionen von Verwaltung, Eigentümern und Nutzern. Die Frage ist wie bringt man das zusammen?“, erläuterte Cabane ein Ergebnis der Arbeitsgruppe, die sich aber auch mit dem Begriff der Zwischennutzung schwer tat. Es ginge nicht nur um eine Zwischennutzung, sondern vielmehr um die Entwicklung unterschiedlicher Strategien für verschiedene Flächen und Bestandsgebäude für unterschiedliche Nutzer. Ein dynamischer Prozess also, der auch den Mut erfordere, so die These, Gebäude auf Risiko an engagierte Nutzer zu geben, um den verschiedensten Dingen Raum zu geben. Die Stadtentwicklung ein Stück weit als Labor für kreative Entwicklungsräume im Quartier ohne kommerzielles Gewinnstreben? Vision und Utopie liegen bei dem Gedanken wohl dicht beieinander.

Damit beschäftigte sich auch die Gruppe „Quartiere entwickeln – Stadt bauen“, die von Verena Schmidt moderiert wurde.  Die neue Parkstadt soll vorhandene  Entwicklungslinien aufgreifen und die bestehenden Nachbarschaften verknüpfen. Dabei ist der gemeinschaftlich entwickelte und getragene Quartiersgedanke Grundlage der Entwicklung, lauten Kernthesen dieser Gruppe. Einigkeit darüber, dass es künftig Raum für unterschiedliche Wohnformen wie beispielsweise Gemeinschaftswohnformen, Genossenschaften und Baugruppen geben soll. Wichtig ist den Akteuren auch die Inklusion als übergeordnete Leitlinie für soziale Vielfalt, Teilhabe, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. „Köln ist nicht überall schön, soll aber schöner werden“, sagte Jung-Architektin Schmidt am Ende ihrer Präsentation und sorgte damit bei Publikum wie beim Beigeordneten zu beipflichtender Heiterkeit.

„Mit Stadtgrün starten“ war die vorweggenommene These des Gruppenthemas Numero fünf unter Moderation von Architekt Jörg Neubig. Vor dem Städtebau solle zuerst der Grünbereich gebaut werden, so die Forderung der Diskutanten, die damit verbunden den Vorschlag einer „Bauhütte“ aufbrachten, in der – ähnlich wie beim Vorbild Kölner Dom – Planer, Entwickler und Bauleute die Vollendung des Grüngürtels gemeinsam vor Ort gestalten könnten. Eine charmante Idee, wenn denn, anders als beim Dom, nicht nur Leute vom Fach, sondern auch engagierte Bürger bildlich gesprochen in der „Hütte“ zum „Hammer“ greifen und mitreden dürften. Zweifel hegen die Akteure hingegen  an der zentralen Lage des Stadtgrün innerhalb des Drei-Zonen-Modells des vorliegenden Entwicklungskonzeptes. Hier solle man nicht vom Reißbrett her denken, sondern vom Bestand, ohne dabei die notwendige Durchlässigkeit zu vernachlässigen. Bürger sollten sich als Erschaffer und „Parkbewohner“ eines „sozialen Grüns“ verstehen.

 

Bereits beim ersten Themenabend hatte die mobile Quartiersentwicklung auf der Agenda gestanden. Nun stand „Mobilität macht Stadt“ zur Debatte und Professor Hartmut Topp resümierte die erarbeiteten Thesen des zweiten Abends. Die Vermeidung der Trennwirkung der Verkehrstrassen, auch der Bahn, mit Durchdringung derselben durch Verbindungen speziell für Fußgänger und Radfahrer wurden als prioritär gesehen.  Wie bereits vergangene Woche, schaffte es auch die Forderung nach einer verbesserten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, inklusive S-Bahnhaltestelle am Bonner Wall und optional von der Strecke Eifeltor her kommend, auf die Flipchart. Radschnellverbindungen, Radstation, eine Erreichbarkeit durch kurze Wege und Barrierefreiheit gehören für die Gruppenteilnehmer zu gesetzten Größen einer mobilen Quartierserschließung. Einen wesentlichen Aspekt sieht man in der Trennung der Märkte für Wohnnutzung und ruhenden Verkehr, da das Parken das Wohnen doch deutlich verteure. „Der Stellplatz verteuert die Wohnung um rund 15 Prozent“ stellte Professor Topp in der Diskussion fest.

In der von Simon Hubacher moderierten Gruppe „Projektentwicklung in Transformation“ einigte man sich schließlich darauf, dass es gilt, Räume zu definieren mit geringer und hoher Regelhaftigkeit. Das heißt, dass neben Räumen mit eingegrenzten Regeln auch Bereiche zu erhalten seien, wo Spielräume, beispielsweise für Umbauten oder neue identitätsstiftende Nutzer  bestehen bleiben könnten. Bestehende Talente müssten dabei  entwickelt werden sowie wirtschaftliche Ziele offengelegt und nicht mit einer gewissen „Verwertungslogik“ sondern von einer nachhaltigen „Bewirtschaftungslogik“ her gedacht werden.  Darüber hinaus gelte es, Instrumente und Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Verdrängung von identitätsstiftenden neuen und bestehenden Nutzern verhindere. Im Übrigen sollten alle Beteiligten die Masterplanung als Prozess verstehen und diesen kultivieren, regeln und mit zukünftigen Nutzern gestalten.

Am Ende des Abends waren so wieder wichtige Beiträge für den weiteren Planungsprozess zusammengetragen, die wahrscheinlich – wie bei den Thesen des ersten Abends geschehen – nächste Woche luzide verdichtet als Key-Word-Cloud auf einer Stellwand zu sehen sein werden.  „So ein großes Projekt entwickelt man nicht allein aus der Veraltung heraus, da bedarf es auch einer weitergehenden Organisationsstruktur, um einen klaren Rahmen für die Entwicklung eines solch komplexen Planungsgebietes zu schaffen“, so Höing am End e des Abends. Sprach´s, dankte den Teilnehmern und ging ab,  nicht ohne vorher zum nächsten Themenabend einzuladen.

 

Weiter geht´s also am kommenden Dienstag, 26. Mai um 18 Uhr im Pädagogischen Zentrum des Humboldt Gymnasiums, Kartäuser Wall 40. Dann heißt das Leitthema der Debatte „Neue Werte schaffen“. Neben den finanziellen Rahmenbedingungen der Parkstadt geht es um gesellschaftliche Werte von Nachbarschaften, Möglichkeiten der Teilhabe, bezahlbaren Wohnraum, die Zugänglichkeit und die Qualität von Freiräumen sowie den Umgang mit städtischen Liegenschaften.

 

Wer hat´s geschrieben?
Dieter Brühl, lebt seit 46 Jahren in Köln, davon zehn in der Südstadt (1993-2003). Von der Passion für fossile Korallen, über die Öffentlichkeitsarbeit für die Lokale Agenda 21 bis zur Unternehmenskommunikation war es für ihn ein abwechslungsreicher Weg.  Der promovierte Geologe arbeitet heute von Neuehrenfeld aus als freiberuflicher Journalist und Kommunikationsberater. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.
 

 

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Text: Gastbeitrag

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