Zurück zum Ursprünglichen
Donnerstag, 18. Januar 2018 | Text: Alida Pisu | Bild: Oliver Köhler
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Vor einigen Tagen war meine Kollegin Jasmin Klein schon ein erstes Mal im „migori“, dem ersten „Unverpackt-Laden“ in der Südstadt. Die positive Resonanz auf ihren Bericht war so groß, dass klar war: ein zweiter Besuch lohnt sich!
Es muss ´rein – auf Behältersuche
So sitze ich denn an einem der Tische vor der großen Theke mit Käse, Brot, leckeren Probierhäppchen, trinke meinen Tee und sehe den überwiegend weiblichen Kunden beim Einkauf zu. Seele des Ladens ist Inhaberin Filiz Gencer, die jede Frage freundlich beantwortet: „Haben Sie ein Geschirrtuch für meine Tupperdosen? Sie sind noch nass vom Spülen.“ Filiz Gencer hat, und erklärt auch schon der nächsten Kundin, die keine Verpackung mitgebracht hat, wie sie sich aus der Nussmusmaschine frisch zubereitetes Nussmus abfüllen kann. Schön, dass hier die Einmachgläser, die unsere Omas „früher“ benutzten, wieder zum Einsatz kommen. „Früher“, diese Assoziation ist von Filiz Gencer durchaus gewollt.
Filiz Gencer: Das Konzept des Ladens ist eine Zeitreise. Das sieht man auch durch die Bilder an der Wand: zurück zum Ursprünglichen. Es sind Menschen darauf zu sehen, die noch einen anderen Umgang mit Lebensmitteln haben.
Sie deutet auf das Bild „Dienstmagd mit Milchkrug“ des niederländischen Meisters Jan Vermeer, auf dem ein gefüllter Brotkorb und andere Speisen zu sehen sind.
Filiz Gencer: Und das Bild daneben: „Die kleine Obsthändlerin“ von Murillo, passt sehr gut zu mir, obwohl ich nicht ausschließlich Obsthändlerin bin.
Meine Südstadt: Das ist ja entzückend und schafft eine sehr schöne Atmosphäre. Man kommt rein und fühlt sich sofort wohl.
Filiz Gencer: Ja, dazu tragen auch die Regale bei und der Schrank, den ich extra bei ebay-Kleinanzeigen gesucht und mühevoll abgeschliffen habe. Meine Mutter hat ihn dann noch gestrichen.
Meine Südstadt: Wie kam es denn eigentlich zum Unverpackt-Laden „migori“?
Filiz Gencer: Es macht für mich einfach Sinn. Erst kam meine Entwicklung hin in Richtung: nur noch Bio-Lebensmittel. Und dann ist unverpackt einkaufen der nächste logische Schritt. Verpackungen nehmen immer mehr zu und ich finde das totalen Quatsch. Ich kam an dem Thema einfach nicht mehr vorbei. Mir ist auch wichtig, dass die Leute sich bewusst werden, wie man Verpackungen spart. Man kann auch in einem normalen Supermarkt z. B. zur Pfandflasche greifen oder Obst und Gemüse unverpackt kaufen. Ich will hier die Möglichkeit bieten, den kompletten Einkauf zu machen.
Meine Südstadt: Ihr Sortiment ist riesig. Vom Müsli über Kaffee bis hin zum nachhaltigen Toilettenpapier findet man alles. Was ist das eigentlich: nachhaltiges Toilettenpapier?
Filiz Gencer: Es ist komplett recycelt. Nicht nur ein Teil der Faser, sondern alles. Und es ist sehr eng gerollt, deswegen hält die Rolle auch sehr lange.
Meine Südstadt: Bringen die Kunden wirklich ihre eigenen Behältnisse mit?
Filiz Gencer: Ja, vom ersten Tag an. Viele kommen erst mal rein, gucken: was müsste ich denn mitbringen? Sie kommen dann tatsächlich wieder: „So, jetzt habe ich meinen eigenen Behälter dabei und kaufe ein.“ Wer nichts dabei hat, kann ein Einmachglas mitnehmen, die finde ich super zur Aufbewahrung oder zum Einmachen. Ich möchte noch gerne einen Fundus von alten Gläsern schaffen, die die Kunden mitbringen. Die würde ich dann durchspülen und dann kann man sich Sachen darin abfüllen.
Meine Südstadt: Was sind denn so die Renner?
Filiz Gencer: Das ist Müsli. Aber auch Nudeln und die Drogerieprodukte werden stark nachgefragt. Zahnbürsten musste ich schon nachbestellen. Bei Shampoo ist es auch bald so weit. Der Drogerieschrank ist sehr gefragt.
Dann sehe ich mir den mal an. Vielleicht finde ich was für mich. Während ich mich dem Inhalt des Drogerieschrankes widme und auch fündig werde, stehen schon wieder Kunden an der Kasse. Ich spreche sie an:
Meine Südstadt: Warum kaufen Sie ausgerechnet hier ein?
Eine Studentin: Weil ich das einen zukunftsorientierten Weg finde. Heutzutage ist viel zu viel in Plastik eingepackt und wenn man sich das bewusst macht, dann ist es schon toll, weil es einem hilft, wenn man den Weg hier ausprobieren kann. Ich will das auch unterstützen.
Ulrike aus der Nachbarschaft: Ich wohne hier im Viertel, war schon mal mit meinem Mann hier. Da haben wir durchgeschaut und fanden toll, was es hier gibt. Das hat mich beschäftigt. Die Grundidee ist super und ich unterstütze auch immer Läden, die im Viertel sind. Ich bin ein bedachter Mensch, sowohl für meine Kinder als auch für mich. So wenig wie möglich Chemie oder eben auch Plastik. Und da brauchen wir Nachhaltigkeit. Der Laden passt einfach zu meinem Lebenskonzept.
Vielen Dank für die Auskünfte!
Als ich migori wieder verlasse, habe ich nicht nur Shampoo in der Tasche, sondern nehme auch die Erkenntnis mit, dass es vielen Mensch etwas wert und wichtig ist, auf Verpackungen zu verzichten. Um ihrer selbst und der Zukunft willen.
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