Zusammen arbeitet man weniger allein
Freitag, 13. August 2021 | Text: Karen Piontek | Bild: Okandada/Delta
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Nicht in der Firma arbeiten, aber auch nicht zuhause. Nicht mit den Kollegen, aber auch nicht allein. Das ungefähr beschreibt den Alltag in der wachsenden Anzahl an Coworking Spaces in der Südstadt. Die Großraumbüros, in denen Freiberufler/innen, Selbstständige oder auch kleine Unternehmen einzelne Arbeitsplätze anmieten können, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Die Motivation der Mieter/innen kann dabei variieren, weiß Tim Humpke vom noch relativ neuen deltaworkspace an der Eiche, gleich ab der Severinstraße: „Bei einigen liegt der Unternehmenssitz außerhalb der Stadt und sie wollen nicht jeden Tag pendeln, andere sind freiberuflich und suchen eine Alternative zum Home Office und wieder andere sind nur für ein paar Tage in der Stadt und wollen nicht im Hotel arbeiten.“
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In den Coworking Spaces finden die Büro-Nomaden die fürs Arbeiten notwendige Infrastruktur, inklusive Telefon- und Internetanschlüssen, Drucker, Besprechungsräumen, Postfach und Kaffeflat. Und einige finden auch noch mehr. „Ich bin immer wieder überrascht, wer alles beruflich voneinander profitieren kann. Irgendwo gibt es immer eine Schnittstelle und so sind schon viele interdisziplinäre Kooperationen bei uns enstanden“, staunt Christian Pilot, Ko-Gründer der District Coworking Spaces in Godorf. Ein Kriterium für die Aufnahme ins Coworking Space ist die berufliche Richtung aber nicht. „Am Wichtigsten ist, dass die Chemie stimmt – insbesondere in kleineren Büros wie unseren“, findet Pilot. Nicht jede/r ist für das Arbeiten im Gemeinschaftsbüro gemacht, aber die meisten Sorgen sind unbegründet. „Anfangs dachte ich auch, dass es hier viel lauter zugehen muss“, gibt der Leiter der District Coworking Spaces zu, „aber in der Regel nehmen alle Rücksicht. Wer beispielsweise weiß, dass er an einem Tag besonders viel telefoniert, sucht sich eine ruhige Ecke, um die anderen nicht zu stören“. Zudem kann jede/r unter den verschiedenen Coworking Spaces das finden, das am besten zu den eigenen Bedürfnissen passt. „Jedes Coworking Space hat seine ganz eigene Zielgruppe. Manche Mieter/innen suchen eher große, anonymere Büros, andere eher kleine und persönliche. In unserem Büro in der Altstadt herrscht eine andere Stimmung als hier in der Südstadt“, finden Jessica Randrianarisoa und Sandrina Coenen, die seit 2019 das Okandada Coworking Space am Karolingerring betreiben.
Corona bleibt nicht spurlos
Dass das Coworking Prinzip kein kurzzeitiger Trend ist, hat sich über die letzten Jahre zunehmend herauskritalisiert. Gerade für die jüngeren Generationen spielt flexibles Arbeiten eine immer größere Rolle. Gleichzeitig arbeiten immer mehr Menschen mit Kollegen/innen, die im ganzen Land oder sogar der Welt verstreut sind, sodass die Zusammenarbeit primär virtuell stattfindet. Das merken auch die Coworking Spaces in der Südstadt. Christian Pilot und seine Partner vom District Coworking überlegen daher, einen weiteren Standort in der Südstadt zu eröffnen. „Die Nachfrage ist groß – in der Südstadt wohnen viele Selbstständige und Kreative in teuren, aber kleinen Wohnungen. Da interessieren sich einige dafür, ihren Arbeitsplatz auszulagern“. Doch derzeit pausieren die Pläne, den Grund dafür kann man sich denken. „Corona ist natürlich auch an uns nicht spurlos vorbeigegangen. Gerade am Anfang waren viele verunsichert, ob und wie ein Arbeiten im Großraumbüro möglich ist.“ Gleichzeitig fielen die Coworking Spaces durch das Raster von sowohl Corona-Hilfen als auch -Regelungen. „In NRW gab es keine offizielle Handhabe für die Coworking Spaces – sie wurden nicht geschlossen und damit gab es auch keine finanziellen Hilfen; es gab allerdings auch keine Vorgaben, wie der Betrieb weiterlaufen soll“, erzählen Jessica Randrianarisoa und Sandrina Coenen vom Okandada. Die beiden Gründerinnen haben daher ihr eigenes Hygienekonzept ausgearbeitet und zusammen mit ihren Mietern/innen entschieden, wie die neue Coworking Realität ausschauen kann.
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LutherkircheOptimistischer Blick in die Zukunft
Nichtsdestotrotz, die Coworking Spaces in der Südstadt schauen optimistisch in die Zukunft. „Die Nachfrage ist nach wie vor groß und langfristig hat Corona den Trend zum Coworking Space vielleicht sogar beschleunigt“, glaubt Tim Humpke vom deltaworkspace, der vor allem zwei Entwicklungen beobachtet: „Zum einen haben noch mehr Menschen durch die Home Office-Zeit Alternativen zum Firmenbüro kennen und schätzen gelernt. Zum anderen scheinen Coworking Spaces auch für Unternehmen attraktiver geworden zu sein.“ Diesen Eindruck können auch die Gründerinnen des Okandada bestätigen. „Einige Arbeitgeber hatten vor Corona das Vorurteil, dass ihre Mitarbeiter/innen nur im Firmenbüro produktiv sind – das hat sich als falsch herausgestellt. Wir bekommen daher immer mehr Anfragen von Unternehmen, die einerseits ihren Angestellten mehr Flexibilität bieten, aber auch die hohen Kosten von Büroflächen in der Stadt vermeiden wollen“, so Jessica Randrianarisoa.
Sollte sich dies bewahrheiten – und vieles spricht dafür – werden sich in der Südstadt in naher Zukunft wohl noch mehr Menschen zum gemeinsam alleine arbeiten treffen. Und mit zurückkehrender Normalität können auch die nicht arbeitsbezogenen Vorzüge des Coworkings wieder stärker zum Vorschein kommen: „Ich hoffe, dass man bald auch mal wieder zusammen entspannt ein Feierabendbier trinken oder nach der Arbeit grillen kann“, so Tim Humpke. Denn auch – oder gerade – im Coworking Space ist Arbeit nicht alles.
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