Zwarwald am Laberfeuer
Dienstag, 4. Oktober 2022 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Nora Koldehoff
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
„Damals hat es mir echt Respekt eingebracht, dass ich jahrelang jeden Tag einen Comic ins Netz gestellt habe“, sagt Leo Leowald. „Heute, mit Instagram und Co., kann man das vergessen. Da müsste man schon zehnmal am Tag was posten und zusätzlich noch Stories erstellen, um ein bisschen aufzufallen.“
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Aktionsgemeinschaft rund um Bonner Str./Chlodwigplatz e.V.Der Zeichner und Illustrator hat im Februar diesen Jahres das Format „Am LABerfeuer“ ins Leben gerufen, das seither monatlich im Comic-Lab des Cöln Comic Hauses stattfinden – offen für alle Interessierten. Jedesmal ist eine andere Person aus der Comic-Szene zu Gast und erzählt vom eigenen Schaffen, bevor die zwanglose „Laberrunde“ diskutiert, Fragen stellt und Erfahrungen austauscht. In der vergangenen Woche begrüßte Leo Leowald einen besonderen Gast: sich selbst.
Karrierebeginn mit Krimis
„Mit Comics verdienen in Deutschland die wenigsten Leute wirklich Geld“, sagt er. Umso deutlicher wird, dass für ihn das Zeichnen von Comics eine Herzensangelegenheit ist. Die ersten gezeichneten Geschichten entstanden bereits in der Jugend in Gummersbach, als Leowald mit seinem Freund Armin um die Wette zeichnete. „Die Figuren waren noch geklaut, und die Stories hießen alle ‚Krimis‘. Obwohl das völliger Unfug war. Es wurde zwar auch mal geschossen, aber mit Krimis hatte das wenig zu tun.“ Nach etwa 1200 der sogenannten Krimis fand die Reihe ihr Ende.
Nach einem Studium in Offenbach ging es nach Köln, wo Leowald anfing, als Illustrator und Dozent zu arbeiten. „Ich habe gemerkt: Das ist toll, man kann mit Zeichnen Geld verdienen“, erinnert er sich. „Das war eine interessante Erkenntnis, aber ich habe nach ein paar Jahren festgestellt, dass mir das nicht so ganz reicht. Mit Auftragsarbeiten kann man sich nie so 100-prozentig verwirklichen. Und das möchte man als Kreativer natürlich.“
Inspiration und Abgrenzung
Bald entstand die Idee, einen Comic-Blog zu beginnen. Auch der amerikanische Comic-Zeichner und Musiker James Kochalka, etwa im gleichen Alter wie Leo Leowald, veröffentlichte schon seit den späten Neunziger Jahren den tagebuchähnlichen Comicblog „American Elf“. Diese brachten Leowald irgendwann auf die Idee, etwas Ähnliches zu versuchen, wenn auch unter anderen Bedingungen.
„Obwohl ich die Strips wirklich sehr geliebt habe, habe ich daran auch für mich herausgearbeitet, was ich für meine Arbeit nicht wollte“, erzählt Leowald. Bei der Mischung von Dichtung und Wahrheit etwa, sei der Dichtungsanteil bei Kochalka kaum vorhanden. „Was ja auch das Besondere und die Qualität der Arbeit ist“, findet der Kölner Zeichner. „Aber ich wollte es für meinen Blog etwas anders haben. Stattdessen fließen alle möglichen Dinge ein, die ich interessant finde und die mir so den Tag über begegnen. Manche Geschichten wirken, als seien sie genau so passiert, sind aber komplett erfunden, bei anderen ist es umgekehrt. Oder auch eine Mischform. Den Schlüssel dazu, was was ist, habe nur ich.“
Freischwimmen und Ausprobieren
Zunächst stellte Leo Leowald drei Monate lang Comics auf einer versteckten Seite ins Netz, ohne darüber irgendwen zu informieren. Um auszuprobieren, ob das Projekt funktioniert und er selbst es durchhält. Aber auch, um den Blog zu seiner endgültigen Form kommen zu lassen, sich von Vorbildern freizuschwimmen und aus den Vorläufern sein Alter Ego herauszuarbeiten: Zwarwald.
Woher der Wortteil „wald“ kam, leuchtete unmittelbar ein, doch eine oft gestellte Frage blieb: Wieso Zwar? Schon bevor es die Figur Zwarwald gab, tauchte das Wort „Zwar“ in einer Überschrift auf, in der Leo Leowald „Zeug aus dem Diplom“ zu einem Comic zusammengefasst hatte. Inspiriert durch comichafte Worte wie Zack, Zap und Zork, hatte der Zeichner nach einem Begriff gesucht, der noch nicht anderweitig besetzt ist und so unbestimmt klingt, dass man darunter alles Mögliche sammeln könnte, „ein bisschen wie beim Merzbau von Kurt Schwitters.“
Aus täglich wird sporadisch
Inzwischen ist Zwarwald erwachsen geworden – die Figur begleitet Leowald seit nun 18 Jahren. Wenn auch schon lange nicht mehr jeden Tag: „Nach vier Jahren habe ich festgestellt, dass mein Sozialleben stark verarmt war, daher habe ich beschlossen, mir die Wochenenden frei zu nehmen.“ Einige Jahre später, als sich dann auch Social Media stärker ausbreitete, veröffentlichte Leowald die Geschichten zwar weiterhin, aber in loser Folge, auch bei Instagram – schon fast gezwungenerweise als Plattform nutzend.
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Lund Languages – ein Ostfriese in der SüdstadtWas damals nicht abzusehen war, sind die Tücken der sich verändernden Technik: Viele der Zeichnungen waren in einem Format veröffentlicht worden, das heute nicht mehr unterstützt wird. Daher kann man im Archiv die Bilder nicht mehr sehen, nur noch die dazugehörigen Kommentare. „Manchmal hat mir jemand geschrieben, es wäre total toll, wenn ich die einfach dann mal austauschen würde und JPGs dafür einsetzen würde“, erzählt Leowald. „Allerdings sind auf der Seite mittlerweile 2500 Geschichten untergebracht, da habe ich dann gedacht, wenn ich irgendwann mal drei Praktikanten beschäftigen kann, dann lasse ich die das Projekt mal angehen.“
Websites:
Demnächst am Laberfeuer:
20.10.: Jan Blum, der zeichnende Teil des Cartoonisten-Duos Schilling und Blum
03.11.: Elena Schiff, Mitbegründerin des Chaos Comic Club Cologne
01.12.: Iris Haist, Kuratorin des E.O.Plauen-Museums in Plauen
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