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Kultur

„Entartung 2.0“ – Podiumsdiskussion in der KISD

Freitag, 6. Juli 2012 | Text: Gastbeitrag | Bild: © Eusebius Wirdeier DGPh

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Die Stadt Köln will die Fassade der Kölner Fachhochschule für Design am Ubierring wegen Bauschäden austauschen. Nach der ersten Entrüstung, traf man sich am 5. Juli 2012 zur Podiumsdiskussion in den Räumlichkeiten der  „Köln International School of Design“  – einigen konnte man sich allenfalls auf Uneinigkeit.Auf Initiative des Dozenten Michael Eichhorn versammelten sich etwa hundert  Personen, darunter Studierende, Professoren, Südstadt-Bürger und ehemalige Werkschüler. Ebenfalls geladen waren die Historiker Martin Stankowski und Dr. Helmut Fußbroich, der ehemalige Werkschüler und Fotograf Eusebius Wirdeier sowie Rechtsanwalt Dr. Louis Peters.
 
Entgegen der Erwartungen waren jedoch weder Vertreter des Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW (BLB) noch der Bauverwaltung der Fachhochschule anwesend. Auf Nachfrage bestätigte Michael Eichhorn, dass es schlichtweg nicht möglich gewesen sei, beide Träger so kurzfristig einzuladen. Das ist bedauernswert, denn immerhin sollen die Arbeiten an der Fassade bereits in der vorlesungsfreien Zeit und damit ab Mitte Juli beginnen. Unklar ist außerdem, ob die von Ludwig Gies entworfenen Elemente abgerissen oder im Rahmen einer Modernisierung lediglich abgenommen und gesichert werden sollen, so Frau Dr. Frederike Waentig, Professorin für Holz und Kunststoff am »Cologne Institute of Conservation Sciences« und damit direkte Nachbarin der KISD. Auch Philipp Heidkamp, Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften, ist ratlos. So habe es nur eine Bausitzung gegeben in der er lediglich darüber informiert worden sei, dass die Elemente abgenommen werden sollen.  

Neben Ratlosigkeit schwangen jedoch auch sentimentale Emotionen durch den Raum. Lautstark äußerten ehemalige Werkschüler ihren Unmut darüber, dass an »ihrem« Kunstwerk herumgefummelt werde. Fakt ist, dass die Fassade der Fachhochschule Teil südstädtischer Identität und darüber hinaus als Kunstwerk zumindest juristisch urheberrechtlich geschützt ist. Damit kann sie mitnichten einfach abgefummelt und weggemeißelt werden – denn das wäre schließlich »Entartung 2.0«. Und auch der Diskurs über eine historische, ästhetische und auch moralische Auseinandersetzung mit der Thematik kann nicht mehr gestoppt werden, im Gegenteil: als öffentliches Gut muss dieser Diskurs über Architektur- und Kunstgeschichte sowie urbane Planung in die Öffentlichkeit getragen und dort diskutiert werden; dann auch sehr gerne mit BLB und Bauverwaltung.

Und so einigte man sich am Ende also doch noch: Einerseits darauf, dass die Gespräche unter Einbezug des BLB, der Bauverwaltung und anderer zuständigen Behörden in Kürze fortgesetzt werden müssen. Andererseits auf den unbedingten Wunsch einen gemeinsamen kulturellen Querschnitt auch aus jüngerer Vergangenheit zu erhalten.

Zu hoffen bleibt, dass sich die Fassade der ehemaligen Werk- und jetzigen Fachhochschule am Ende nicht doch in den Reigen der Kulturvergessenheit einreiht. Dieser wurde ja bereits mit der 1967 von Fritz Lammersen erbauten und 2002 ersatzlos abgerissenen Kunsthalle eröffnet.  Erwähnenswert ist auch das 1971 von Fritz Haferkamp erbaute Stadtarchiv. Aber das stürzte 2009 einfach ein – was außerdem schließlich ein Unfall war.

 

Boris Slogar

 

Der Autor wohnt in der Südstadt, studiert an der KISD und schreibt seit kurzer Zeit für „Meine Südstadt“.

 

Mehr Informationen zum Thema: „Fassaden-Kunstwerk am Ubierring vor dem Abriss

 

Text: Gastbeitrag

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